Ein Doppelter Ärger, der schwere Ohren zu leichten Herzen führt

Ein Doppelter Ärger, der schwere Ohren zu leichten Herzen führt

Musik, die klingt wie ein kühner Sturm, erreicht die Ohren durch Barry Guys Album "Doppelter Ärger". Eine provokante Auseinandersetzung mit der Kunst des Jazz, das die Ohrmuscheln der Zuhörer gehörig auf Trab bringt.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Musik, die klingt wie ein kühner Sturm auf die Ohren, kommt selten durch die Tasten von Barry Guy und seinem London Jazz Composers’ Orchestra. Doch mit dem Album "Doppelter Ärger", das in den glorreichen 80ern das Licht der Welt erblickte, genau genommen im Jahr 1981, fordert Guy nicht nur das Ohr des Zuhörers, sondern auch deren Herz und Geist heraus. Aufgenommen wurde dieser polyphone Wirbelwind in London, und es ist kein Album, das man einfach so nebenbei hören kann. Es ist ein musikalisches Abenteuer, dessen Komplexität und Tiefe selbst den abgebrühtesten Jazz-Fans den Schweiß auf die Stirn treiben mag.

Jetzt mögen gewisse Gruppen dieser Gesellschaft diese Art von Kunst als eine reine Ausgeburt der avantgardistischen Schrulle abtun. Sie sind diejenigen, die sich nach dem nächsten Trend verzehren, nur um mit ihrer progressiven Pose auf Fotos gut auszusehen. Doch "Doppelter Ärger" ist weit mehr als das. Es ist ein Beweis für den Mut und die Vision von Barry Guy, die Regeln zu brechen und gegen den Strom zu schwimmen. Wenn das Album einen kritischen Hörer verärgert, dann tut es das mit einem mächtigen Zweck: Es fordert zum Nachdenken heraus, zerstört die Komfortzonen des Geistes und ermutigt zur Auseinandersetzung mit den elementaren Bestandteilen der Musik.

Aber lassen wir die Politik mal links liegen und konzentrieren uns auf das, was wirklich zählt: Die Kunst. Guy und sein Orchester präsentieren in "Doppelter Ärger" eine Klanglandschaft, die nur mit den hochwertigsten Zutaten möglich ist – ein ungestümes Crescendo aus Blechbläsern, Holzbläsern und Schlagzeug, begleitet von einem Kontrabass, der wie ein donnernder Puls den aufsteigenden Herzschlag der Musik nachzeichnet. Mutter Natur wäre stolz auf so einen mächtigen Sound, der an das Rauschen eines Ozeans mit all seinen unerklärlichen und zugleich fesselnden Facetten erinnert.

Barry Guys Arbeit drückt eine einzigartige Fähigkeit aus: Das Unsagbare klanglich zu formen. Aus einer Symphonie von Dissonanzen entsteht etwas, das paradoxerweise harmonisch und organisiert wirkt. Der Titel "Doppelter Ärger" ist hier treffend gewählt, denn er spiegelt genau diese dualistische Natur von Guy's Jazz wider – es ist Chaos, das doch geordnete Bahnen zieht. Und vielleicht ist das ja der Schlüssel zu seinem Erfolg. Denn egal, wie chaotisch Dinge scheinen mögen, der Intellekt lässt sich nicht so einfach täuschen; er erkennt Muster und Strukturen, die sich subtil durch die Harmonien ziehen.

Es ist faszinierend, wie Guy es schafft, mit einem musikalischen Sturm gewaltige emotionale Reaktionen zu erzeugen und gleichzeitig den Zuhörer dazu zu bringen, die Schönheit zu erkennen, die aus dem Lärm entsteht. Die Idee einer „Komponierten Improvisation“ treibt seine Arbeit und die Aufführungen des Orchesters an – eine exquisite Balance zwischen Planung und spontaner Kreativität, die wie ein Appell an die Freiheit der Kunst in jeglicher Form ist.

Nun, diese Freiheit ist gefährlich, wenn man sie nicht zu schätzen weiß. Für jene, die nur die bekannte, einfache Melodie erwarten, ist Guy nicht der richtige Künstler. Aber für die, die bereit sind, sich in die unverschämt rohe Schönheit des improvisierten Jazz zu stürzen, bietet dieses Album eine goldene Möglichkeit, in die Tiefen genussvoller Ungewissheit hinabzusteigen. Nicht jeder wird den kleinen Wahnsinn schätzen, der seinen Weg durch die Posaunen und Klarinetten des London Jazz Composers’ Orchestra sucht, aber jene wenigen, die den Wert sehen, bekommen eine Belohnung, die über die flüchtigen Freuden des Mainstream hinausgeht.

Manchmal macht Kunst Spaß, manchmal tut sie weh. Sie ist nicht immer schön und angenehm, sondern oft wachrüttelnd und herausfordernd. "Doppelter Ärger" bietet genau das – und es sollte in vollen Zügen genossen werden. Denn die besten Künstler sind die, die mit ihrer Arbeit einen Shaker in die Cocktailbar des Lebens bringen.

Es sollte nicht überraschen, dass dieses Album niemals in den Charts landen würde, aber es behauptet sich dort, wo es zählt: In den Herzen jener, die es verstehen. Die, die bereit sind, sich von der Woge des Klangs mitreißen zu lassen, finden Freude im Lärm. Vielleicht ist das Album nicht für jeden, aber diejenigen, die es lieben, heben es in den höchsten Tönen ihrer eigenen persönlichen Hymne empor.

"Doppelter Ärger" von Barry Guy und dem London Jazz Composers’ Orchestra ist sowas wie ein gut gehütetes Geheimnis – eine Offenbarung für die Wissbegierigen und eine Herausforderung für den Rest. Wenn man sich traut, der Anziehungskraft zu folgen, die einen bei den Hörern unweigerlich packt, wird man mit einem Erlebnis entlohnt, das selten ist und nur mit großer Leidenschaft zu erfassen ist.