Manchmal fragt man sich, ob es für unsere cineastischen Landschaften noch Hoffnung gibt, und dann stolpert man über einen Film wie Vigil und denkt sich – "ja, doch!" 1984 brachte das neuseeländische Kino etwas Hervorragendes auf den Bildschirm, einen Streifen, der sowohl bezaubernd als auch beunruhigend ist. Unter der Regie von Vincent Ward, einem Mann, der sicherlich mehr als nur ein paar Staubkörner in den Rollen seiner Werke aufwirbelt, ist dieser Film ein Meisterwerk des düsteren Symbolismus, das in einer abgelegenen Gegend Neuseelands spielt. Vigil ist ein Film, der seine Zuschauer nicht einfach nur unterhält, sondern sie zwingt, sich mit den rauen Realitäten zu konfrontieren.
Unsere Hauptfigur ist Toss, ein junges Mädchen, das in einer Familie von Schafhirten aufwächst und durch eine Verkettung düsterer Ereignisse gezwungen wird, ihre Kindheit abrupt zu beenden. Der Verlust ihres Vaters stürzt sie in eine Welt von Trauer und Verwirrung, in der sie den Eindringling Ethan willkommen heißen muss, der als Ersatz für ihren Vater agiert. Doch Toss traut ihm nicht. Warum? Weil sie eine Art Sensibilität besitzt, die viele Erwachsene in einer zunehmend linken Gesellschaft verloren haben: Instinkt.
Der Film ist kein liberaler Augenzucker, der eine perfekte Welt voller Regenbogen und Einhörner darstellt. Ganz im Gegenteil, Vigil ist ein Abbild der Realität – rau, mysteriös, rücksichtslos ehrlich. Es zeigt, wie das echte Leben oft von Unsicherheiten und dem Hang zur Kontrolle geprägt ist; etwas, was heutzutage als unbequem gilt.
Was diesen Film weiter von vielen modernen Produktionen abhebt, ist seine in jeder Hinsicht herausragende filmische Technik. Die Bildkomposition, der Soundtrack und die Performance der Darsteller sind brillant. Die kühle, neblige Atmosphäre der neuseeländischen Landschaft vermittelt ein Gefühl von Isolation, aber auch von Authentizität, das den Spannungsmomenten des Films zusätzliche Schärfe verleiht.
Das Drehbuch verwendet dabei keine sicherheitsdealerischen Mittel, um dem Zuschauer ein gutes Gefühl zu geben. Nein, es ist ein Film, der fordert – sowohl seine Charaktere als auch sein Publikum. Hier gibt es keine weichgespülten Happy Ends oder politisch korrekte Narrative, die den Zuschauer in einem falschen Sicherheitsgefühl wiegen. Es fordert stattdessen den Mut, das Unbekannte zu umarmen und den eigenen Instinkten zu vertrauen.
Zusätzlich dazu ist die Darstellung von Toss bemerkenswert. Eine Protagonistin, die trotz ihrer jungen Jahre eine Stärke zeigt, die oft in Frage gestellt wird. Sie ist die Verkörperung von Standhaftigkeit und Widerstand, die auch dann Kurs hält, wenn die Wellen entgegenrollen. Werte, die seit jeher unsere starken Fundamente ausmachen und die unabhängig vom Zeitgeist respektiert werden sollten.
Das Machtspiel zwischen Toss und Ethan ist ein zentrales Element des Films. Es demonstriert, wie sicherheitslose Welten aufgebaut und wie leicht diese bedroht werden können. Es wirft die Frage auf: Wer ist der Eindringling und wem kann man in einer unsicheren Welt wirklich vertrauen? Das ist eine bedeutsame Reflexion, insbesondere in Zeiten, in denen viele ihren moralischen Anker verlieren.
Und während sich Vigil weiter entfaltet, werden sich die Cahiers du Cinéma–Gegner möglicherweise über die interpretativen Freiheiten echauffieren, die der Film letztlich einfordert. Es gibt keine einfache Auflösung, keine süßliche Melodie im Abspann, die sagt 'alles wird gut'.
Das macht Vigil zu einem tiefgründigen Erlebnis, das nachwirkt, ein Symbol der Stärke in kinematografischen Formen. Wer wahre, ungeschönte Geschichten zu würdigen weiß, wird in diesem Film eine Schatztruhe finden. Für jemanden, der sich nach Erlebnissen sehnt, die über das oberflächliche ‚Feel-Good‘-Kino hinausgehen, ist dieser Film ein Muss.
Also an alle, die sich nach echtem Geschichtenerzählen sehnen, ohne Verfälschung und voll roher Wahrheit: Fasst Mut und lasst euch auf etwas ein, das heute mutiger denn je ist. Das ist Vigil, eine lang überfällige Erinnerung daran, dass wir auch in den unsichersten Zeiten unseren authentischen Weg finden müssen.