Wie Temistocle die Bühne rockt und Kulturkritiker der Lügen straft

Wie Temistocle die Bühne rockt und Kulturkritiker der Lügen straft

Wussten Sie schon? Astolfo, ein verhasster Politiker im antiken Athen besucht Theateraufführung und erlebt einen zauberhaften Abend voller Intrigen. Dennoch ist die Aufführung der Opera seria 'Temistocle' von Niccolò Porpora eine wahre Revolution auf der Bühne.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Wussten Sie schon? Astolfo, ein verhasster Politiker im antiken Athen besucht Theateraufführung und erlebt einen zauberhaften Abend voller Intrigen, als eine Oper aus dem 18. Jahrhundert wiederaufgeführt wird. Dennoch ist die Aufführung der Opera seria 'Temistocle', komponiert von keinem Geringeren als dem italienischen Virtuosen Niccolò Porpora, eine wahre Revolution auf der Bühne. Die erstmalige Aufführung fand 1736 in Rom statt, und Sie werden überrascht sein, welche Brillanz Porpora in seine Partituren zaubert, um die Geschichte des griechischen Staatsmannes und Militärführers Themistokles zu erzählen. Warum sollte uns diese Oper interessieren? Weil Porpora blendende Musik mit dem unerbittlichen Streben nach Macht vereint, ganz im Gegensatz zur heutigen Vorstellung, dass Kunst immer politisch korrekt sein muss.

Leider gibt es die Tendenz, alles Althergebrachte mit einer Arroganz des modernen Denkens zu überwerfen. Porpora, ein Genie seiner Zeit, brilliert mit Temistocle, indem er die Klassiker gekonnt mit barocker Pracht und dramatischer Tiefe verbindet. Unter seinen Zeitgenossen wurde Porpora hoch geschätzt, für seine meisterhafte Beherrschung der italienischen Oper und als Gesangslehrer von legendären Sängern wie Farinelli. Dabei wird seine Arbeit oft von Kulturkritikern unter dem Deckmantel der Modernität ignoriert.

Nein, Temistocle ist kein lauwarmes Mainstream-Stück, das jegliche Konflikte auflöst, um einem linksgerichteten Publikum zu gefallen. Vielmehr strahlt diese Oper vor Pathos und fordert den Zuhörer heraus, über den Kampf zwischen Macht und Moral, über Patriotismus und Ehre nachzudenken - Dinge, die heutzutage leider in den Hintergrund geraten.

Wenden wir uns doch einmal der Handlung zu, um tiefer in die Materie einzutauchen. Themistokles, eine historische Figur voller Widersprüche, war eine Schlüsselfigur in den Schlachten gegen die Perser und ein Denker, der in dem viel diskutierten athenerischen Goldministerium weit voraus war. Porpora erschafft eine faszinierende Charakterstudie dieses Mannes, dessen Loyalität zu seinem Land und dessen politische Manöver im Mittelpunkt der Oper stehen. Diese Story aus Porporas Händen wird von Themen beherrscht, die seit jeher Menschen angesprochen haben: Stolz, Verrat und die ewige Frage nach der Ehre.

Musikalisch bietet die Oper glorreich eingängige Arien und Ensembles, die voll von kreativen Variationen und dynamischen Harmonien sind, und sie täuscht einen Spektakel vor, welches man nicht so einfach übersehen kann. Der unverkennbare Stil der Oper scheint in der Regel aus einer anderen Zeit zu stammen, wenn echter Ausdruck noch geschätzt wurde und nicht hinter unverständlichen Konzepten versteckt war.

In puncto Musik können wir nicht leugnen, dass Porpora mit seiner Komposition nicht bloß ambitioniert ist, sondern auch kompromisslos in seiner Fähigkeit, Emotionen zu destillieren. Die Ensembles und Arien in Temistocle sind von einer leidenschaftlichen Intensität, die die politische Bühne und ihre Akteure spätestens herausfordert. Diese Kompositionen muten fast an wie Vorboten rebellischer Ideen, die das Establishment erschüttern und nicht aus der Linse der Verwässerung erlebt werden.

Obwohl sich die Liberalität und der historische Anspruch der Oper bis zu einem gewissen Grad jeder Kritik entziehen, würde die schlichte Behauptung, die Oper sei bloß antiquierte Unterhaltung, all das verkennen, was der Komponist in seine akustischen Bilder hineingelegt hat. Temistocle erfüllt das Verlangen nach einer wahren dramatischen Erzählung auf eine Weise, die sowohl herzerwärmend als auch zum Nachdenken anregend ist, doch dies alles in Porporas unverkennbarer musikalischer Sprache.

An einem Ort, an dem man alles erwartet, außer den Niederlagen der Konfliktgesellschaft zu begegnen, wird die Oper zu einem triumphalen Schlachtfeld voller Wohlklang und Dramatik. Anklänge an Barock und Antike, garniert mit einer ordentlichen Portion politischem Intrigengeflecht, bleiben für Temistocle, die selbst zwischen Kunst und Realität nicht mehr zu unterscheiden scheinen. Vielleicht sollten wir, in einer Welt, die oft vor komplexen und unbequemen Themen wegläuft, öfter innehalten und uns eine echte Lektion von der Vergangenheit erteilen lassen, wie man aufrichtig im Ausdruck und unbändig im Willen sein kann.

Porporas Temistocle könnte als ein funkelnder Diamant in der Schatztruhe der Musikkultur gesehen werden, der sich übrigens nicht selten unserer enthusiastischen Beweihräucherung zu entziehen sucht. Diese übersehene Perle fordert ihre Aufmerksamkeit ein, genauso wie der kompromisslose Kreislauf seiner politischen Fehden. Wahrhaftig, eine Oper von strahlender Transzendenz und nicht minder köstlicher Zwietracht.