Wer denkt, dass Rockmusik ihren Biss verloren hat, hat wohl noch nie 'Sweet Sixteen' von Royal Trux gehört. 1997 veröffentlicht, sprengte dieses brüllend waghalsige Album die Grenzen dessen, was man bisher kannte. Gemacht von Neil Hagerty und Jennifer Herrema, die sich nach ihrer eher düsteren Vergangenheit wieder zum Duo zusammen fanden, während das soziale Gefüge sich zu der Zeit hin zu einer eher lauwarmen Popkultur bewegte. Amerika gab Royal Trux eine Bühne und die Band nutzte sie als Plattform für ihre musikalische Revolution.
Das Album 'Sweet Sixteen' ist wie eine musikalische Landkarte der Rebellion gegen das Establishment, ganz in der Tradition von Rock-Ikonen, die sich weigern, in eine nette, kleine Schublade gesteckt zu werden. Es scheint, als hätten Hagerty und Herema absichtlich in einem Milieu gefischt, das es ablehnte, von der politisch korrekten Musikgröße der damaligen Zeit beeinflusst zu werden.
Erstens strotzt das Album vor Experimentierfreude. Man spürt förmlich, wie das Duo in Windeseile Ideen einfängt und wieder freilässt, so als ob Gedankenblitze ihre Kreativität befeuerten. Ob es nun die verzerrten Gitarrenriffs oder unvorhersehbaren Songstrukturen sind, Royal Trux setzt auf Kreativität anstatt auf einfältigen Gehorsam.
Zweitens ist der rohe, ungeschliffene Sound ein starkes Statement gegen die verwaschene, saubere Produktion, die Ende der 90er immer mehr in Mode kam. Das Album könnte als Ohr beleidigend empfunden werden, wenn man nur polierten Pop als Maßstab heranzieht. Aber genau darin liegt die Schönheit: Es hält dem Mainstream den Zerfall vor Augen, nimmt Kratzer und Kanten hin – Metaphern für wirkliche, ungeschönte Freiheit.
Drittens ist das Cover des Albums allein schon eine Provokation. Nicht jeder versteht oder schätzt den schmuddeligen Charme, aber das war sicher auch nie das Ziel. Anders als Bilderbank-Ästhetik in Hochglanzmagazinen taubt 'Sweet Sixteen' das Gefühl von Schmutz, einer Schärfe, die wohl überlegt als eine Herausforderung inszeniert wurde. Kunst soll diskutieren, nicht nur anschmiegen.
Viertens gibt es die Lyrics, die um den Fluss von Soul, Ärger und einer gewissen Spirituosen-Ästhetik herum gebaut sind. Hier wird nicht gestreichelt, hier werden Perspektiven durch die Mangel gedreht, ohne Furcht vor Missverständnissen. Es ist ein Schachzug, der klar macht, dass Musik nicht die Sparte der Sanftmütigen ist.
Fünftens prägte 'Sweet Sixteen' den Underground in einer Essenz neu, beleuchtet von der Straßenrealität und einer unbezwingbaren Kreativität. Während andere Alben in den Gehirnwindungen überkorrekter Künstler verstauben, bleibt dieses Retro-Leuchtfeuer im permanenten Spintanzen junger Wilder verankert.
Sechstens bringt der kontroverse Stil der Band die radikale Freiheit des Denkens zurück ins Gewicht. Man sollte meinen, dass Independent-Musik genau dafür stehen sollte. Royal Trux greift sich mit verzweifelter Energie und borstigem Klang das Zepter – ein schwerer Waffenstillstand, der unerhört im allzu Homogenen ist.
Siebtens könnte man meinen, Neil Hagerty und Jennifer Herema nutzten 'Sweet Sixteen', um sich über die ernsthafte und übertriebene Selbstverliebtheit der 90er Pop-Szene zu lustig zu machen. Ihrer Musik fehlt die Anmutung, die Zeit für Paktierer aufbringt. Sie spielt in einer Liga, die keine Angst davor hat, Stimmen laut werden zu lassen und lange Stille zu durchbrechen.
Achtens ist die bewusste Weigerung, sich zu verbiegen oder zu beschönigen, ein Atemzug frischer Luft. Während die Panflöten der Konsenzkultur zischen, packen Royal Trux ihre Fan-Kolonie in eine Kammer flirrender Dekonstruktion und neuerschaffener Idiome.
Neuntens zeigen Songs wie "Dirty Headlines", dass das Album auch lyrisch an der Grenze zur polemischen Meta-Poesie kratzt. Es ist genau die Art von Kritik, die die aufgesetzte Korrektheit modernen Denkens erstickt, indem sie bloß stellt, was andere keine Worte fassen konnten.
Zehntens ist der bleibende Eindruck von 'Sweet Sixteen', dass innerhalb all dieses Chaos eine geheilte Schar von Visionären werkelt, deren Auseinandersetzung mit der Kunst weitaus mehr ist als nur ein simples charttaugliches Werk. Es ist eine Einladung an diejenigen, die genug haben von lauwarmen Tönen. Royal Trux fordert auf, die Ohrstöpsel abzulegen und der Kakophonie des echten Lebens zu lauschen.