Es gibt wohl kaum ein Thema, das so faszinierend wie die Mathematik und Musik zugleich ist und trotzdem bei vielen für Kopfschütteln sorgt: Die Pythagoreische Stimmung. Einst in der Antike von dem griechischen Philosophen Pythagoras entdeckt, handelt es sich hier um ein Konzept zur Tonhöhenerzeugung. Es geht darum, den Oktavraum in Proportionen zu teilen, die an mathematischen Prinzipien festgemacht sind. Schon in der Antike revolutionierte dies die Wahrnehmung von Musik und Klang, und doch stören sich moderne Intellektuelle daran, weil es mit traditionellen Werten in Verbindung steht.
In der Pythagoreischen Stimmung werden Oktaven so eingeteilt, dass es hauptsächlich auf die Reinheit der Quinten ankommt. Die Strecke von fünf Quinten entspricht nahezu einer Oktave, was dort zu Klangmerkmalen führt, die beworben oder sogar verunglimpft werden. Doch warum stört das? Weil es eine Form von Disziplin und Ordnung in der Musik erzeugt, die gerade auch auf traditionellen Werten basiert. Diese Art von Musikgestaltung ist eine Philosophie, die auf Harmonie und mathematische Präzision setzt. Eine Harmonielehre, die Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet.
Pythagoras, von dem gesagt wird, er habe die Musik der Sphären gehört, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den tiefen mathematischen Sinn hinter musikalischen Phänomenen zu entschlüsseln. Der berühmte pythagoreische Lehrsatz, den wir alle aus den Schultagen kennen, basiert auf einer klaren und unerschütterlichen Ordnung: die Quadrate der Längen der Katheten summieren sich zur Hypotenuse. Ebenso revolutionär ist seine Entdeckung in der Welt der Musik. Doch was wäre die Welt der Klänge ohne Ordnung? Chaotisch und haltlos.
Im Gegensatz zu den modernen liberalen Trends, die Beliebigkeit feiern, strebt die Pythagoreische Stimmung nach einer Welt der Struktur. Unsere Vorfahren haben dies verstanden und die Prinzipien der Ordnung auf den Alltag und eben auch auf die Musik angewendet. Man könnte sagen, es ist ein musikalisches Manifest gegen den Zeitgeist des Lärms und der Unbeständigkeit; eine Art von ehrhaftem Widerstand in einer Welt, die zunehmend aus den Fugen gerät.
Aber kommen wir zurück zur Pythagoreischen Stimmung. Als musiktheoretisches Konzept basiert es auf der Teilung der Oktave in Quinten und Quarten, die in Zahlenverhältnissen wie 3:2 oder 4:3 ausgedrückt werden. Diese klaren Verhältnisse stehen im Widerspruch zu den heute bevorzugten temperierten Stimmungen, die eher mit Beliebigkeit und Kompromiss als mit wahrer Harmonie in Verbindung stehen.
In mehreren Kulturen hat sich die Pythagoreische Stimmung ihren Platz bewahrt. Man versteht dort, dass Musik mehr ist als nur eine Abfolge von Noten – sie ist ein Medium, durch das man die innewohnende Ordnung der Welt wahrnehmen kann. Betrachten wir klassische Werke der Barock- und Renaissancezeit, stellen wir fest, dass diese Tonsysteme eine Struktur und Kohärenz aufweisen, die durch die mathematische Akuratesse der Pythagoreischen Stimmung erzielt wird.
Freilich braucht man für die volle Wertschätzung dieser musikalischen Alchemie nicht unbedingt tiefes mathematisches Wissen. Der unvoreingenommene Hörer wird von einer natürlichen, fast symphonischen Einheitlichkeit angezogen, die diesem harmonischen System innewohnt. Pythagoreische Tonfolgen verleihen der Musik eine Art von „natürlichem Schliff“, die in der modernen Musik verloren zu gehen drohen. Eine Rückbesinnung auf diese Prinzipien könnte helfen, die Kunst unserer Gesellschaft neu zu beleben und ihr einen verlorenen Sinn für Balance und Schönheit zurückgeben.
Natürlich ist die Pythagoreische Stimmung nicht ohne Herausforderungen, vor allem wenn man versucht, sie in einer von modernen Stimmungen dominierten Welt anzuwenden. Instrumente müssen speziell gestimmt werden, um diese Klänge zu ermöglichen. Doch am Ende steht der Gewinn. Musiker, die sich dieser Philosophie widmen, berichten oft von einer Rückkehr zu den wesentlichen Aspekten der Musikalität.
Musik ist universell, aber ihre Wahrnehmung und Ausführung birgt regionale und zeitliche Unterschiede. Die Pythagoreische Stimmung steht für Kontinuität, obgleich die ephemeralen, aktuellen Strömungen etwas anderes behaupten mögen. Die mathematische Notwendigkeit dieser Stimmung zeigt, dass es in der Musik, genauso wie in der Politik, Werte gibt, die über den Moment hinaus Bestand haben.
Pythagoreische Stimmung ist eine Einladung in eine geordnete, mathematische Welt – eine Welt, die sich dem lauten Tumult des modernen Zeitgeistes entgegenstellt. Eine Welt, die zeigt, dass Präzision und Tradition nicht Feinde, sondern Helfer für eine harmonische Zukunft sein können.