Es gibt da draußen einen Komponisten, der mehr als nur ein „Hidden Gem“ ist, sondern ein musikalischer Titan, der seiner Zeit weit voraus war: Mashadi Jamil Amirov. Wer war dieser faszinierende Mann? Amirov, geboren am 20. September 1875 in Shusha, dem Herzen der Musik von Aserbaidschan, eroberte mit seinen ergreifenden Kompositionen die Welt. In einer Zeit, in der Tradition hochgeschätzt wurde, gelang es ihm sowohl die Folklore als auch klassische Musik aus dem Kaukasus neu zu interpretieren und zu revolutionieren.
Stellen Sie sich einmal vor: Ein junger Amirov mit nur 14 Jahren, der in die Fußstapfen seines Vaters tritt und sich in Musik verliebt. Doch dieser alte musikalische Weg reichte ihm nicht aus. Nein, Amirov wollte mehr, er wollte die Wurzeln seiner Kultur mit der westlichen Kunstmusik verbinden. Und genau das tat er, mit Stil. Während viele sich mit einfachen Arrangements zufriedengaben, ging er Risiken ein. Risiken, die jedoch immer mit einem brillanten Ergebnis belohnt wurden. In den frühen 1900er Jahren verbreitete er seine symphonischen Kompositionen aus dem neoklassischen Repertoire in ganz Aserbaidschan.
Wie schaffte er das? Tradition war nicht sein Feind, sondern sein Werkzeug. Wenn man seine Mujams hört, spürt man die Verbindung der aserbaidschanischen Volksmusik mit den neuen Kompositionstechniken, die er geschickt mit einband. Das Stück ‚Severjanin‘ zeigt beispielsweise seine Fähigkeit, die melodischen Linien der westlichen Musik mit der emotionalen Kraft orientalischer Melodien zu verflechten.
Warum ist Mashadi Jamil Amirov nicht im westlichen Kanon der heute gefeierten Komponisten? Vielleicht weil er nicht in die politische und soziale Norm der Zeit passte? Amirov war mehr als ein Künstler; er war ein Symbol für den kulturellen Widerstand und die Eigenständigkeit. Misstrauen gegen den Einfluss des Westens war verbreitet im Kaukasus, und sein Werk spiegelte dies wider, indem er seine Musik als Plattform nutzte, um die Identität seiner Heimat zu bewahren.
Anders als viele seiner Zeitgenossen, die sich der Popularität willen verbogen, blieb Amirov sich selbst treu. Und hier liegt die wahre Radikalität seiner Kunst: Er schuf Musik für sein Volk und nicht für diejenigen, die bei pompösen Veranstaltungen die Stirn runzeln. Amirov stand fest in der Überzeugung, dass Musik mehr als nur Klang war, sie war eine Mission und eine Betonung des Nationalstolzes.
Ein weiteres Beispiel für seine Meisterschaft offenbart sich in seiner Verwendung von Mugham-Formen, die mystische und philosophische Tiefe in seine Musik bringt. Diese Fähigkeit zur Synthese grenzte sein Werk von anderen ab und führte dazu, dass seine Werke sehr prominent bei staatlichen und nationalen Anlässen gespielt wurden. Seine Einflussnahme bleibt bis heute ein Fundament für Musiker, die ihre Wurzeln ehren und gleichzeitig in die Zukunft schauen wollen.
Am 20. August 1928 verließ dieser Gigant der Musik die Welt sowie die Region Kaukasus. Aber sein Erbe lebt weiter. Amirov ebnete den Weg für nachfolgende Generationen von Musikern, die danach streben, ihre Traditionen zu bewahren, während sie zugleich den Mut finden, neue musikalische Horizonte zu erkunden.
Heute ist es erhellend zu denken, dass seine Werke, bestenfalls mumifiziert im Gedächtnis einer weltoffenen Elite, unterschätzt bleiben. Vielleicht ist es an der Zeit für Liebhaber und Kritiker, ihre Scheuklappen abzulegen und Mashadi Jamil Amirov das Lob auszusprechen, das er zweifellos verdient. In einem ausgeglichenen System – wirtschaftlich, politisch und kulturell – wäre jemand mit Talent und Einfluss wie Amirov ganz oben auf der Liste derjenigen, die Einfluss auf nationale und internationale Klanglandschaften ausüben. Doch in einer verdrehten Welt, in der noch heute oft Freund und Feind verwechselt werden, bleibt es denjenigen überlassen, die genug von einem kulturellen Monokultur-Trott haben, sich an ihn zu erinnern und zu seiner Wiederentdeckung zu verhelfen.
Mashadi Jamil Amirov zeigt, dass große Künstler nicht einfach aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden sollten. Vor allem nicht jene, deren Arbeit den kulturellen Stolz viel mehr würdigt, als jede ausgeklügelte ideologisierte PR-Kampagne es je könnte.