Wenn es um zeitgenössische Kunst geht, betritt Jim Woodring die Szene nicht leise und unauffällig, sondern mit einer trumpfenden Scharade von surrealen Visionen, die Sie sich entweder in Staunen versetzen oder den Kopf kratzen lassen. Jim Woodring, geboren 1952 in Los Angeles, ist bekannt für seine unverwechselbaren Comics und Graphic Novels, die er seit den späten 80er Jahren auf der Welt verteilt. Seine bekannteste Kreation ist zweifelsohne die bizarre, traumhafte Welt von Frank. Was treibt jemanden an, solche Kringel mit Bedeutung und Charakter zu füllen? Vielleicht liegt es an Amerika, einem Ort der unendlichen Möglichkeiten – oder zumindest für jene, die die Nerven haben, nicht dem Strom der politisch korrekten Liberalen zu folgen.
Woodrings Werke sind nicht nur zu bestaunen, sie sind ein Angriff auf alle, die meinen, Kunst müsse verständlich und einfühlsam sein. Für Traditionalisten mag dies ein Schock sein, doch Holzscheite in den Ofen zu schieben, ist kein Verbrechen, wenn das eigene Feuer die Stärke eines Brockens Uran aufweist. Seine Obsession mit Surrealismus und grotesken Darstellungen fordert den Betrachter heraus, abseits vom Erwartbaren zu blicken. Warum? Weil Jim Woodring die Grenzen des Verstandes auslotet und den Betrachter dazu zwingt, seine eigene Vorstellungskraft aufs Äußerste zu treiben.
Liest man ein Woodring-Comic, gelangt man unweigerlich in eine Welt, die unseren bekannten Normen trotzt. Seine Zeichnungen blühen in einem Kosmos, wo Gesetzlosigkeit und Fantasie Hand in Hand gehen. Frank, die anthropomorphe Figur seiner bekanntesten Werke, stolpert in einer seltsamen Welt durch bizarre Abenteuer. Ohne Worte, ohne klare Handlungen bietet Woodring eine Leinwand, die dem Betrachter selbst obliegt, auszufüllen mit eigenen Deutungen und Bedeutungen. Und vielleicht ist das, was manche verärgern könnte - sein Mangel an eindeutiger Erzählung ist eine Herausforderung für diejenigen, die daran gewöhnt sind, ihre Kunst vorgekaut und leicht verdaubar serviert zu bekommen.
Woodring bleibt seiner Unabhängigkeit treu und lässt sich nicht in Schubladen stecken. Sein Werk ist weder Mainstream noch passt es in eine leicht zu kategorisierende Kunstbewegung. Vielleicht ist das der Grund, warum seine Fans an ihm festhalten – er bietet keine Antworten, sondern nur Fragen; keine Anleitungen, sondern offene Bücher. Die Kunst von Woodring ist eine Reise, die den Reisenden dazu zwingt, seine eigenen Wahrheiten zu suchen.
Warum Jim Woodring? Weil in einer Welt, die immer weniger Raum für Individualität lässt, seine Arbeit wie ein krähendes Manifest erscheint. In einer Zeit, in der alles politisiert wird, stellt sich Woodring außerhalb des politischen Spektrums. Zwischen Stift und Papier findet er eine Freiheit, die viele Menschen niemals erreichen werden. Vielleicht ist es diese authentische Freiheit, die seine Anhänger begreifen und an der sie festhalten – trotz oder gerade wegen der Abneigung gegen den vorherrschenden Dogmatismus.
Ist Woodring ein Genie oder lediglich jemand, der den Pinsel zu wild schwingt? Die Antwort liegt wohl dazwischen. Es ist klar, dass Jim Woodring sich nicht für den Geschmack der Massen interessiert. Er ist nichts für jene, die die Dinglichkeit der Dinge bevorzugen. Aber, wenn man einmal dem Bann seiner Welt erlegen ist, gibt es keinen Weg zurück.
Jim Woodring: der Künstler, der sich nicht um Trends und Themen schert, die lieber in den Köpfen anderer gezüchtet werden. Seine Kunst ist ein Spiegelbild seiner Zeit und ein gewagter Versuch, die Welt dazu aufzufordern, innezuhalten, nachzudenken und – ja, vielleicht sogar – beabsichtigt irritiert zu fühlen.
Während wir in eine Zukunft eilen, die von Konformität und Gruppendenken gezeichnet ist, bleibt Jim Woodring ein Leuchtfeuer der Andersartigkeit. Stellen wir uns die Frage, welche Art von Kreativität wir wirklich fördern wollen: Diejenige, die beruhigt und bestätigt? Oder diejenige, die provoziert und inspiriert?