Isaac Rosenberg, dieser oft übersehene Meister der Feder, hat mehr zur Erhaltung der menschlichen Seele beigetragen als mancher moderne Intellektuelle. Wer war dieser Mann? Geboren am 25. November 1890 in Bristol, England, war Rosenberg das Kind einer verarmten litauischen Einwandererfamilie, die im berüchtigten East End von London lebte. Was er schrieb, war nicht weniger als ein leidenschaftlicher Schrei der Menschlichkeit - mitten in einer Zeit, die von Krieg und Verwüstung geprägt war. Doch, während seine Gedichte die Schrecken des Ersten Weltkriegs festhielten, blieb seine Stimme trotz der Umstände ungebrochen.
Rosenbergs Schriften sind ein gewaltiges Bollwerk gegen den Nihilismus unserer Zeit. Die Briten haben ihn zumeist ignoriert, was überraschend ist, bedenkt man, dass er einer der wenigen war, die die Realität des Krieges ohne romantischen Filter präsentierten. Zu einer Zeit, als andere schrieben, um Trost zu spenden, schrieb Rosenberg, um die Wahrheit zu enthüllen - und darin lag seine wahre Macht. Sein berühmtestes Gedicht, „Tote im Graben”, ist ein Zeugnis seiner unerschütterlichen Ehrlichkeit. Er hat den Krieg nicht idealisiert; er hat ihn in all seinen Schrecken dargestellt. Warum? Um die nächsten Generationen zu warnen. Und was tun die Kulturschaffenden von heute? Sie schwächeln in ihrer Bequemlichkeit, anstatt den Mut derjenigen zu zeigen, die vor uns gekämpft haben.
Was Rosenberg im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen auszeichnete, war seine Fähigkeit, vollständig menschlich zu bleiben, obwohl er mitten in der unmenschlichsten Zeit lebte. Während des Ersten Weltkriegs ging er, vielleicht aus wirtschaftlichem Zwang, zum Militär – eine Entscheidung, die sein Leben drastisch verkürzen sollte. Trotz der Rohheit seiner Umgebung, hielt Rosenberg an seiner Kunst, seiner Leidenschaft, fest. Seine Gedichte geben Einblick in die Schützengräben, sind aber auch ein Beweis für seine unerschütterliche Glaubwürdigkeit und Menschlichkeit.
Rosenberg war ein politischer Außenseiter. In einer Zeit, in der es rudelhaft Scharlatane und Kriegsverklärer gab, weigerte er sich, den Krieg zu verherrlichen. Fühlen sich die Leser dieser Zeilen provoziert, weil ich sage, dass Idealismus und kitschiger Pazifismus im Angesicht von Rosenbergs Werk nicht nur nutzlos, sondern geradezu lächerlich wirken? Das ist die unverblümte Realität. Gegen den Strom zu schwimmen war die Art, wie Rosenberg lebte und schrieb.
Vielleicht liegt die Abneigung bestimmter Kreise gegen Rosenberg auch darin, dass er nie eines ihrer Schubladen-Dichotomie-Spielchen mitmachte. Er war kein typisches Mitglied der intellektuellen Elite seiner Zeit. Und diese Tatsache stört auch heute noch jene, die in ihren Elfenbeintürmen sitzen und die Realität verleugnen. Denn während andere sich anpassen, machte er sich daran, die unbequeme Wahrheit zu enthüllen und zu verarbeiten.
Was die Menschen wirklich provoziert, ist Rosenbergs nüchterner Blick auf die Themen, die er behandelte: Krieg, Rasse, Klassensysteme. Angesichts eines Kulturbetriebs, der oft vor Mitleid mit dem pädagogischen Zeigefinger trieft und Künstlichkeit verherrlicht, stehen Rosenbergs Gedichte trotz all ihrer Trostlosigkeit erdnah und erhellend da. Seine Arbeit richtet sich gegen jene, die die Welt durch idealisierte Brillen betrachten und sich selbst dafür loben, dass sie auf der „richtigen“ Seite der Geschichte stehen.
Isaac Rosenberg starb viel zu früh, am 1. April 1918, in den Schützengräben von Frankreich. Seine Stimme wurde zum Schweigen gebracht, aber seine Worte leben fort. In einer Welt, die von Illusionen und Unwahrheiten durchsetzt ist, erheben sich seine Gedichte wie ein Leuchtturm der Klarheit. Man kann ihn als Propheten ansehen, der den Mut hatte, sich vom Strom abzuwenden und seine eigene, weniger angenehme Wahrheit zu verfolgen. Um es klar auszudrücken: In einer Zeit, in der sich viele von der Realität ablenken lassen, schenkt Rosenberg uns eine kraftvolle Erinnerung an das, was es wirklich bedeutet, Mensch zu sein.