In einer Welt, in der Helden oft am Computer erschaffen werden und echte Konflikte zu moralischen Kapiteln verdampfen, kommt "Fleisch und Blut" daher wie ein Schwertstreich ins digitale Nirwana. Dieser Film, gestellt im Jahr 1985 unter der Regie des niederländischen Meisters Paul Verhoeven, zeigt brutale Authentizität und historische Abenteuer. Es ist ein Film, der sich mitten im mittelalterlichen Europa abspielt, wo Ehre nicht durch Likes, sondern durch das Schwert erworben wird.
Dieser opulente Historienfilm bringt uns Mark Rutger Hauer als Martin, den charismatischen Anführer einer Söldnerbande im 16. Jahrhundert. Angesiedelt im von Konflikten geprägten Mitteleuropa, erweckt Verhoeven eine Welt zum Leben, die sich kaum von einem chaotischen, von ständigen Kriegen gezeichneten Spiegelbild der modernen Welt unterscheidet. Die Söldner, die zunächst im Dienste eines Adligen stehen, werden verraten und wenden sich gegen ihre einstigen Herren. Mit düsterer Entschlossenheit und gewürzt mit schwarzem Humor, entfalten sich die Ereignisse in einem wilden Ritt durch eine desillusionierte Welt.
Warum sollte man sich heutzutage diesen Film ansehen? Ganz einfach: "Fleisch und Blut" scheut nicht davor zurück, eine Geschichte von Blut, Macht, und Verrat zu erzählen, die sich über Jahrhunderte hinweg als relevant erweist. Es ist das Gegenteil der politisch korrekten Märchen, die man uns heute als Unterhaltung verkauft. Grenzenloser Ehrgeiz und die widerwärtigen Seiten der menschlichen Natur sind überall präsent, und Verhoeven lässt kein Detail aus. Die Charaktere sind komplex, nicht flach und nicht allein auf Grund von Hautfarbe oder Geschlecht definiert - ein Affront gegen das dogmatische Denken vieler zeitgenössischer Filmkritiken.
Ein weiteres Highlight ist die Besetzung und technische Kreativität. Jennifer Jason Leighs Darstellung der temperamentvollen Agnes glänzt neben Hauer und sorgt dafür, dass die Facetten des menschlichen Überlebens in starken Farben gemalt werden. Die detailverliebte Inszenierung und der Gebrauch von realistischen Schlachtszenen, die bei zarteren Seelen Schauer hervorrufen könnten, setzen Maßstäbe. Sicherlich nichts für diejenigen, die sich in Wohlfühl-Entsättigung suhlen möchten.
Die historische Genauigkeit und die Darstellung von Konflikten um Land und Liebe durchziehen den Film und verdeutlichen, dass nichts von Natur aus existiert, ohne dass jemand dafür kämpft. So reflektiert "Fleisch und Blut" das ewige Spiel um Macht und Kontrolle. Es ist durchaus provokant, wie der Film die konfliktreiche Essenz von Geschichte und menschlichem Verhalten ausstellt. Alles in allem kein Wunder, dass jener Film in den darauffolgenden Jahren einen Kultstatus erreichte.
Verhoeven macht keine halben Sachen. Die ungeschminkte Darstellung der Bedingungen im Mittelalter dient nicht dazu, den Zuschauer zu verschrecken, sondern ihm die Augen dafür zu öffnen, wie Machtkämpfe wirklich aussehen. Die Liberalität der Mainstream-Medien würde hier in Heuschreckensektionen zerlegt werden, während diesem erfrischend analogen Film zuzusehen ist.
„Fleisch und Blut“ nimmt sich die Freiheit, Grenzen zu überschreiten, die heute oftmals als unantastbar gelten. Der Film gibt ein ungehobeltes Bild der menschlichen Natur wieder. Er ist Rohheit in Reinform – eine Eigenschaft, die den Blick über den liberalen Tellerrand hanswurstartig erscheinen lässt. Während so manche heutige Filme uns ein stereotypisches Bild aufzwingen wollen, ist Verhoevens Werk ein Beispiel für narrative Aufrichtigkeit ohne Hochglanzpolituren.
Die Entscheidung, in solchen ungestümen Bildern und Erzählungen an vergangene Zeiten zu erinnern, ist nicht nur gewagt, sondern auch ein willkommenes Gegengift zur plattgewalzten Konsenskultur. Die moralischen Dilemmata, Sitten und Gebräuche dieses Zeitalters fügen sich in das Meisterwerk eines Regisseurs, der sich davor nicht scheut, die dunklen Seiten der Menschen naturell auszurollen und in blendend dramatischer Form auf die Leinwand zu bringen.
Und während wir über plüschig ausgestopfte Geschichtsdarstellungen stolpern, erwischt uns "Fleisch und Blut" mit seinen schonungslosen Realitäten. Es ist der Anti-Computer-generierte-Fantasy-Film, an dem sich eine Welt, die mit digitalen Illusionen verwöhnt ist, erfreuen könnte – Filmemachen mit Nerven und Mut zur Lücke. Daher ist "Fleisch und Blut" nicht nur ein Film, sondern ein kraftvolles Statement, das über Jahrzehnte hinweg seinen Reiz behält.