Es gibt zwei Arten von Menschen: diejenigen, die Deerhoof hören, und solche, die es nicht tun. Doch selbst für die eingefleischten Fans der avantgardistischen Band aus San Francisco ist ihr jüngstes Werk „Deerhoof gegen das Böse“ eine Reise auf unkartographiertem Terrain. Veröffentlicht wurde es im Jahr 2023, und es zeigt, dass Deerhoof sich nicht mit den ausgetretenen Pfaden der Musikindustrie zufrieden geben. Ganz im Gegenteil: Dieses Album ist ein Schlag ins Gesicht der glatt polierten Popwelt. Von den USA aus senden sie diese Botschaft in die Welt, um zu zeigen, dass Musik noch immer die Macht haben kann, die Massen zu erzürnen oder zu erfreuen. Und das alles mit einem provokanten Augenzwinkern.
„Deerhoof gegen das Böse“, der Titel allein klingt schon wie der Schlachtruf eines tapferen Ritters im Kampf gegen Drachen. Doch statt Schwertern und Schilden greift die Band zu ihren Instrumenten und treibt ihre Opposition bis zum Äußersten. Wer glaubt, alles schon gehört zu haben, wird hier eines Besseren belehrt. Das Album attackiert den Mainstream mit schrillen Gitarrenriffs, komplexen Rhythmen und unerwarteten Harmonien. Das ist kein Werk für schwache Nerven, sondern für all jene, die sich trauen, die Welt der Musik aus einer Perspektive zu betrachten, die ein Hauch von Chaos umgibt.
Was uns erwartet, ist eine Zusammenstellung von Tracks, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber unter der furchtlosen Leitung von Greg Saunier perfekt miteinander verschmelzen. Songs wie „Criminals of the Dream“ fordern die Hörerschaft emotional heraus und entlarven die festgefahrenen Erwartungshaltungen, die uns die Medienlandschaft diktiert. Es ist ein ironisches Wandbild unserer Zeit, in der die Schere zwischen Schein und Wirklichkeit immer weiter auseinanderklafft.
Ein weiterer außergewöhnlicher Song „I Will Spite You“ fährt fort, mit eingängigen Rhythmen zu provozieren, die sich in unsere Köpfe einbrennen. Instrumente spielen eine zentrale Rolle und überraschen mit Klängen, die so unverwechselbar sind, dass sie schon fast subversiv wirken. Fragen kann man sich da nur: Was sagen uns diese Klangexperimente wirklich? Vielleicht sind sie ein Mittel zur Entzauberung der monotonen Radioqualität, die unsere Radiowellen dominiert.
Natürlich könnten einige behaupten, dass Deerhoof sich damit in eine Schublade der Unangepassten steckt. Aber seien wir ehrlich, wo wäre die Welt ohne die Rebellen? Es braucht Revoluzzer, die uns zeigen, wie engstirnig wir mitunter durch unseren Höralltag gehen und sich weigern, in der schönen heilen Welt des Mainstreams einzukuscheln. Die Energie der Tracks wird nur noch durch die ironischen, teils sogar satirischen Texte übertroffen, die das Album zu einem Erlebnis auf einer weiteren Ebene machen.
Die Entscheidung von Deerhoof, sich gegen das Böse der langweiligen Mainstream-Masse zu stellen, ist zweischneidig. Während die Botschaft der Rebellion ganz klar im Mittelpunkt steht, bleibt die Frage offen, wie weit dieser Ansatz wirklich sinnvoll ist. Denn am Ende steht die Frage: Ist die Bändigung des Chaos ebenso wichtig wie seine Schaffung? Vielleicht ist dies ein Thema, das die musikalische Elite lange diskutieren wird, während die breite Masse der Hörerschaft das Werk als kultigen Klassiker abtun könnte.
Die Produktion von „Deerhoof gegen das Böse“ zeigt die Band auf dem Höhepunkt ihrer Klangkreativität. Sie liefern nicht nur musikalisch ab, sondern statten ihr Werk mit einer einzigartigen thematischen Erzählstruktur aus. Jeder Track ist wie eine weitere Seite eines Comics, der eine verzerrte Realität widerspiegelt – eine Realität, die allzu vielen weiterhin verborgen bleibt. Die Wahl, den experimentellen Pfad weiterzugehen, ist nicht zuletzt eine mutige Entscheidung in einer Welt, die Vielfalt oft fürchtet.
Am Ende bleibt „Deerhoof gegen das Böse“ ein Manifest gegen die allgegenwärtige Omnipräsenz des Durchschnitts, das vielleicht nicht allen gefallen soll – und das ist gut so. Denn ohne Herausforderungen gibt es keinen Fortschritt, und ohne Reibung entsteht kein echter Funken. In einer Zeit, in der es viel zu einfach ist, sich in der Welt eines Liberalen in eine Echokammer zurückzuziehen, erscheint „Deerhoof gegen das Böse“ wie ein willkommenes Signal. Ein Aufruf zu mehr Mut zur Individualität.