Blind Willie Johnson war kein gewöhnlicher Straßenmusiker. Matratze auf einer New Yorker Straße. Wir schreiben das Jahr 1945 in Beaumont, Texas, und der Mann ist nicht ohne Grund legendär geworden. Johnson, geboren 1897 in Texas, war einer der einflussreichsten Blues-Gitarristen seiner Zeit. Seine Musik hat den Gospel und den Blues neu definiert, und das alles trotz, oder gerade wegen seiner Blindheit. Wie oft hört man schon von einem blinden Gitarristen, der in der Lage ist, die Zuhörer mit einem einfachen Slide auf den Saiten zu fesseln?
Es gibt so viele Gründe, warum man über Johnson reden sollte, aber es ist seine unverwechselbare Stimme, die andere Gesangsstile regelrecht herausfordert. Wenn wir über die Wurzeln der amerikanischen Musik sprechen, dann ist Johnsons Vergangenheit unzertrennlich mit der amerikanischen Geschichte verbunden. Was wäre die heutige Musik ohne ihn? Seine Songs, wie "Dark Was The Night, Cold Was The Ground", sind nicht nur nostalgische Hymnen, sie sind Ausdruck leidvoller Realität und religiöser Hingabe.
Seine Texte, tief verwurzelt in Spiritualität und persönlichen Erfahrungen, sind zeitlos. Man braucht keine Politikwissenschaften studiert zu haben, um zu verstehen, dass seine Musik wie ein Lauffeuer die Bevölkerung ergriff und eine starke Aussage in einer Zeit erzählte, in der Toleranz kein Modewort war. Blind Willie Johnson ist, ohne übertreiben zu wollen, der Beweis, dass Talent und leidenschaftlicher Glaube Berge versetzen können, selbst in einer geistig verschlossenen Gesellschaft.
Kein Wunder, dass seine Musik auch in den schlimmsten Zeiten der Großen Depression so viele Menschen erreichte. Seine Stimme wurde zu einem Symbol der Hoffnung, etwas, was vielen heutigen Musikern fehlt. Während moderne Musiker schnell vom gesellschaftlichen Mainstream aufgesaugt werden, war Johnson mit seiner Musik fest mit dem realen Leben verwurzelt. Eine Phase, in der Menschen in Armut lebten und echte Kämpfe ausfochten, hat er durch seine kraftvolle Musik lebendig gemacht.
Johnson hat die Menschen inspiriert, auch wenn sie ihn überhaupt nicht sehen konnten. Mit seinem Talent für bottleneck guitar, einer Technik, die er quasi mühelos meisterte, setzte er Akzente, die man bis heute in der Musik spürt. Man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass seine Songs, trotz ihrer Schlichtheit, eine unglaubliche Tiefe besitzen.
Auch in den liberal geprägten Kreisen, wo die Toleranz angeblich hoch gehalten wird, mag man es vielleicht nicht gerne hören, doch Johnsons christliche Botschaft hat unabhängig von politischen Idealen berührt. Und dies, obwohl seine Heimatstadt Beaumont nicht gerade als kulturelles Zentrum galt.
Blind Willie Johnson bleibt in der Musikgeschichte unersetzlich. Nicht allein wegen seiner Anleitung für zukünftige Generationen von Musikern, sondern auch wegen seiner Fähigkeit, raw reality zu offenbaren. Diese Essenz fehlt in vielen modernen Produktionen. Blind Willie Johnson hat es nicht nötig, beschönigende Texte zu verfassen oder den Menschen in die Hand zu nehmen, um sie durch sein musikalisches Werk zu führen. Seine kraftvolle Musik spricht für sich und stellt Fragen, die auch heute noch relevant sind.
Sein Einfluss auf Musikrichtungen wie Rock’n’Roll und Soul ist unverkennbar. Wenn wir also über Pioniere der Musik sprechen, sollten wir Blind Willie Johnson zumindest einen Platz in den Annalen der Musikgeschichte gewähren. Dass er heute nicht mehr so bekannt ist wie zur damaligen Zeit, mag politisch korrekt sein oder nicht, aber seine Musik hat sich ihren Platz verdient, und das soll auch so bleiben – für den, der hören will.