Schielend und Schmerzlos: Über das Lächeln hinter dem schiefen Blick

Schielend und Schmerzlos: Über das Lächeln hinter dem schiefen Blick

In "Schielend und Schmerzlos" fängt Heinz Strunk die bizarren Aspekte des deutschen Alltags ein und gibt ihnen mit Humor und Ironie eine neue Dimension. Die Geschichten bieten scharfsinnige Einblicke in das Leben, das von alltäglichen Unvollkommenheiten geprägt ist.

KC Fairlight

KC Fairlight

Nicht jedes Lebensthema ist so schräg, dass es sprichwörtlich einen "schiefen Blick" verlangt, aber so ist es eben mit Philosophie und Ironie: Sie trifft auf unerwartete Weise. "Schielend und Schmerzlos" erkundet genau solche Schrullen des Alltags in Deutschland. Geschrieben von Heinz Strunk, ein Name, der selbst schon den einen oder anderen schiefen Blick verdient, handelt es sich um eine Sammlung von Texten, die 2023 veröffentlicht wurde und in Hamburg spielt. Der Autor greift gesellschaftliche Themen auf, die oft in der Mitte unserer Aufmerksamkeit verschwinden.

Heinz Strunk ist bekannt für seinen beißenden Humor und seine Fähigkeit, alltägliche Situationen karikiert und pointiert zu beschreiben. Sein Stil ist ein wunderbares Beispiel für die deutsche Eigenschaft der „Schadenfreude“ – gefunden in Situationen, die auf den ersten Blick scheinbar unangenehm sind, uns aber mit einem neuen Verständnis unserer Menschlichkeit zurücklassen. „Schielend und Schmerzlos“ ist in vielen Teilen eine Hommage an die kleinen Unannehmlichkeiten, die das Leben interessant machen.

In dieser Sammlung schildert Strunk kuriose Erlebnisse aus dem Alltag und macht dabei die Klischees, an denen man sich gewöhnlich vorbeischleicht, zum zentralen Thema. Die dialogische, manchmal fast episodische Struktur fängt die flüchtigen Momente ein, die oft unbemerkt bleiben. Ein Thema, das er erkundet, ist die Bürokratie, die in Deutschland entnervend sein kann, aber auch eine gewisse hilflose Komik hat. Die Widersprüchlichkeit der deutschen Gesellschaftskultur wird humorvoll entblättert und gleichzeitig mit einem liebevollen Naserümpfen versehen, das typisch für seine Werke ist.

Während seine Leser lachen oder manchmal Kopfschütteln über die gesellschaftliche Dysfunktionalität, besteht ein subtiler Aufruf zur Veränderung zwischen den Zeilen. Die humorvolle Darstellung alltäglicher Sorgen erlaubt es, den Spiegel kritisch uns selbst vorzuhalten. Gen Z könnte möglicherweise Parallelen zu ihrer Art, die Welt wahrzunehmen, entdecken. Das Buch ermutigt zur Reflexion über gesellschaftliche Normen, zum Beispiel über starre Arbeitsstrukturen oder tradierte Rollenbilder. Dabei gibt es ebenso Platz für Empathie mit anderen Perspektiven, wie etwa denen, die Struktur und Routine als notwendig empfunden.

Selbst wenn es um Themen geht, die sonst schnell politisch aufgeladen sind, schafft es Strunk, seine Absurditäten ohne Moralkeule zu präsentieren. Nehmt zum Beispiel die Diskussionen um Gerechtigkeit in der Gesellschaft, sei es in Bildung oder am Arbeitsplatz. Hier greift Strunk ironische Situationen und Missstände auf, die das politisch liberale Lager leichter identifizieren kann. Dennoch werden auch konservativere Stimmen durch den humoristischen Blick nicht gänzlich ausgeschlossen. Solche Spannungen laden zum Diskurs ein.

Interessant ist zudem, dass die Leser durch seine Geschichten oft gezwungen werden, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Das „schielende“ Betrachten mag klanglich unsympathisch wirken, ermöglicht aber das Überdenken der eigenen Vorurteile und Sichtweisen. Strunks Werke ermutigen, zwischen den Zeilen auf die Ironie und die oft bittersüßen Wahrheiten zu achten.

Was seine Erzählungen ebenfalls erfrischend macht, ist der Fokus auf Unvollkommenheiten und Schwächen, die jeder von uns hat, aber selten zugeben will. Es gibt eine gewisse Ehrlichkeit in der Akzeptanz dieser Unvollkommenheit, die in der überoptimierten, glanzpolierten Welt von heute oft fehlt. Möglichkeiten, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, werden geboten – ein wertvoller Ratschlag, insbesondere für die Gen Z, die oft mit drängender Perfektion konfrontiert ist.

Ob all diese Geschichten „schmerzlos“ den Leser erreichen, bleibt offen. Zumindest bieten sie eine scharfsinnige Betrachtung der Welt. Vielleicht hinterlässt „Schielend und Schmerzlos“ uns ein wenig nachdenklich, aber auch mit einem leisen Lächeln.

Spricht „Schielend und Schmerzlos“ sowohl für die, die Widerstände gegen traditionelle Strukturen hegen, als auch für jene, die von einem gewissen Bedürfnis nach Kontinuität angetrieben werden? Wahrscheinlich. Alles in allem bewegt Strunk sich abseits der ausgetretenen Pfade und lädt seine Leser dazu ein, abseits zu schielen und dabei neue Perspektiven zu entdecken. Schier unmöglich mit trockenen Augen, aber das ist Teil des Erlebnisses.

Vielleicht liegt die größte Magie des Buches darin, dass die Leser sich trotz oder gerade wegen der vermeintlichen Mängel in den Geschichten wiederfinden können. In einer Zeit, in der Mitgefühl oftmals polarisiert diskutiert wird, bietet „Schielend und Schmerzlos“ einen anderen Ansatz. Ein schiefer Blick kann schließlich eine frische Sichtweise des Alltags eröffnen. Tagtägliche Hässlichkeiten und die kleinen Freuden punkten genau da, wo Erwartetes zur Norm wird. Ein humorvoller Blick auf die Wahrheit, den die Realität vielleicht öfter vertragen könnte.