Wenn ein simpler Comic die Nation auf die Barikaden bringt, weiß man: Wir sind auf einem höchst explosiven Terrain. "Wir sind Ganoven" ist ein Comicstrip der argentinischen Künstlerin Carina Joaquin, erschienen Anfang Oktober 2023 in einer Berliner Satirezeitschrift. Die Zeichnung zeigt eine Bande von Räubern, die sich über ihre neuesten Beutestücke lustig machen, während im Hintergrund die Polizei versagt. Was für einige ein humorvoller Kommentar zur Gesellschaft ist, agitierte schnell gegen den Mainstream – die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.
Politische Satire war schon immer ein scharfes Schwert, und "Wir sind Ganoven" schwingt es mit ungewohnter Schärfe. Kritiker behaupten, der Comic entfremde die Institutionen und gefiel sich darin, die Obrigkeit als inkompetent darzustellen. Das ist natürlich bestehrlich, wenn man bedenkt, dass diese Institutionen dafür verantwortlich sind, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten.
Joaquin’s Werk hebt den Finger auf Bekanntes, indem es den Spieß umdreht: Was, wenn die wahren Ganoven nicht maskiert oder bewaffnet, sondern im Anzug und mit Positionshelden kommen? Die Message ist klar, doch für manche schmeckt der Humor eben nur schal.
Unterstützer, und das sind nicht wenige, feiern den Comic als befreiend und augenöffnend. Sie sehen darin eine brillante Entlarvung der Verhältnisse, in denen wir leben: Die Großen schröpfen die Kleinen, und zwar täglich. Doch hier sind Missverständnisse vorprogrammiert. Eine satirische Überspitzung kann schnell aus dem Ruder laufen, und das treibt die Gemüter noch höher ins Fieber.
Doch warum gerade jetzt diese Aufregung um einen Cartoon? Der Comic kam genau zur rechten Zeit – Zeiten, in denen viele das Vertrauen in Institutionen verloren haben und sich ihrer Freiheit beraubt fühlen aufgrund ineffizienter Politik und Überregulierung. Der Humor wird als Gradmesser einer krisengeschüttelten Gesellschaft verstanden, die nicht mehr wegschauen kann, wenn Missstände offenbar werden.
Wie schneiden sie ab, die Protagonisten des Comics, die Polizei? Als "Sündenbock" für viele, versagen sie kläglich in ihrer Aufgabe, die Schurken zu fassen. Ein indirekter Hinweis auf die allgegenwärtigen Diskussionen über Polizeireform und Field-Operationen in der Realität, die viele Menschen betrifft.
Natürlich sind nicht alle Leser glücklich über die dargestellte Schieflage; Kritik hagelt von allen Seiten. Den Humor der anderen Seite verstehen? Fehlanzeige. Sogar einige politische Führer mischten sich unter die Diskutanten und ließen ihrer Unzufriedenheit freien Lauf.
Auch die Bibliotheken und Schulen diskutieren fleißig, ob der Comic lehrreich ist oder schlicht subversiv. Möchte er aufklären oder nur polarisieren? Und was ist Kunst? Hier klaffen die Meinungen auseinander, wie man es von einem solch kontroversen Thema erwartet.
Im Gegensatz dazu bleiben die Verkaufszahlen der Zeitschrift unbeeindruckt, denn provokative Inhalte erfreuen sich, wie es der menschlichen Natur entspricht, großer Beliebtheit. Viel Aufruhr um Nichts oder ein wichtiges Stück moderner Zeitgeschichte?
Wie auch immer man dazu steht, "Wir sind Ganoven" hat es geschafft, seine Botschaft weit über die Grenzen einer simplen Comicseite hinauszutragen. Es ermutigt zum Diskurs über Verantwortung, Macht und Wahrheit und ist damit weit mehr als ein bloßes Stück Papier.
Der Comic ist nicht nur ein Spiegel unserer gesellschaftlichen Realität, sondern auch ein Katalysator für Diskussionen, die dringend geführt werden mussten. Und auch, wenn manchen die satirische Würze zu bitter schmeckt, erfüllt er zweifellos seinen Zweck: zu hinterfragen, was sonst als selbstverständlich gilt.