Die Geschichte von "Viacom International Inc. gegen YouTube, Inc." ist wie gemacht für ein packendes Gerichtssaal-Drama! Vor harten Richtertischen und blitzenden Kameras treffen hier 2007 zwei Medien-Giganten aufeinander. Viacom, das große amerikanische Unterhaltungsunternehmen, verklagt YouTube und dessen Muttergesellschaft Google. Der Vorwurf: Urheberrechtsverletzungen in ungeheurer Höhe durch die weltweit größte Videoplattform. Ort des Geschehens ist der Southern District Court in New York. Der Hintergrund? Viacom behauptet, dass YouTube vorsätzlich Milliarden von Dollar mit geklauten Inhalten verdient hat – Inhalte wie South Park oder SpongeBob Schwammkopf, die jetzt ausgerechnet bei YouTube als Kassenschlager laufen.
Und was passiert dann? Man stelle sich das mal vor: Viacom verlangt läppische 1 Milliarde US-Dollar als Entschädigung. Denn ihrer Ansicht nach verletzt Google, der tausendsassa im digitalen Geschäft, die Rechte der ehrwürdigen Content-Schmiede Viacom. Mit schlagkräftigen Argumenten bewaffnet, schreiten die Anwälte von Viacom in den Saal, um Google wirtschaftlich zu zerlegen. Die Klage steht als Paradebeispiel der altehrwürdigen Industrie im Kampf gegen die aufkommenden digitalen Giganten, der die international anerkannte Urheberrechtslage ändert. Ein Schock, dass darüber hinaus Vorwürfe auftauchen, dass YouTube dieses Schneeballsystem mit gestohlenen Inhalten wie ein Spiel weiter befeuert.
Google setzt auf den Verteidigungsmodus. Sie behaupten, dass sie nicht verantwortlich für das Uploaden dieser Inhalte seien. Vielmehr seien es die Benutzer der Plattform. YouTube argumentiert inspiriert durch - oder sollte man sagen 'getrieben von' - dem Digital Millennium Copyright Act, einem US-Gesetz, das gewisse Schutzmaßnahmen für Onlineplattformen bereitstellt. Interessanterweise baute YouTube eine Funktion ein, die es Rechteinhabern erlaubt, Inhalte schnell entfernen zu lassen. Ist es also so, dass wir uns im wahren Sinne in der Grauzone des Internets bewegen? Die Wahrheit bleibt umstritten.
In einem dramatischen Zug gewährt das Gericht Viacom Einblick in geheime YouTube-Daten. Nächtelang durchleuchten die Anwälte von Viacom sämtliche Daten und suchen fieberhaft nach Beweisen für die Organisation und den Wissensgrad von Google bezüglich der urheberrechtlich geschützten Inhalte. Die Seite der Verteidigung jedoch bleibt im klaren Recht: Google kontert jede Behauptung mit dem Argument der Verantwortungslosigkeit. Im Geiste der Freiheit des Internets will Google die Zügel nicht zu fest anziehen.
Die richterliche Entscheidung trifft dann 2010 - zur Enttäuschung Viacoms - zugunsten von YouTube. Der US-Bezirksrichter Louis Stanton entschied, dass YouTube einen „oben genannten sicheren Hafen“ genießt, da sie prompt auf Urheberrechtsverletzungen reagierten. Arbitrageure der Freiheit des Internets feiern die Entscheidung. Viacom jedoch lässt nicht locker und beschreitet den steinigen Weg der Berufung. Dies führt dazu, dass 2012 das Urteil teilweise aufgehoben und zur erneuten Verhandlung freigegeben wird.
Doch es war alles umsonst. Schließlich endet die ferne Schlacht im Jahr 2014 in einem uninteressanten Friedensvertrag. Die Details bleiben bedeckt in einer Geheimhaltungsvereinbarung. Hier schlägt die Ironie voll zu: Die Realität der modernen Medienlandschaft zeigt uns auf, dass der Zugriff und das Teilen von Inhalten von einer Vielzahl von Parteien verhandelt werden muss. Diese Episode bedeutet nicht das Ende des Kampfes um digitale Inhalte, sondern symbolisiert die Fortsetzung des Kampfes um die Vorherrschaft online.
Von da an jongliert YouTube erfolgreich mit den Rechten, während weitere Großkonzerne auf den Zug aufspringen. Obwohl die Welt der digitalen Inhalte immer ungreifbarer wird, hat YouTube im Zuge dieser Rechtsschlacht seine Position als dominanter Gastgeber für Videoinhalte weiter gefestigt. Bisher hat sie es geschafft, die Konkurrenz auszustechen und weiter zu expandieren. Die Schlussfolgerung? Digitale und traditionelle Schwergewichte werden sich auch weiterhin in der Arena duellieren – in einem balancierten, fast schon kalkulierten Kampf um Kontrolle und Erfolg, bei dem Freiheit im Internet gegen die Interessen von Rechteinhabern steht.