Ob man Schüttelfrost bekommt, weil man denkt, die Werke Shakespeares könnten einem anonymen Autorenkreis zugeschrieben werden, oder ob man schlicht aus tiefster Empörung die Augen verdreht – die Frage nach der wahren Urheberschaft der literarischen Meisterwerke des sogenannten Barden ist ein Mysterium, das die Geister immer wieder erhitzt. Die Studien zur Autorschaftszuschreibung Shakespeares hinterfragen die traditionelle Vorstellung, dass der Mann aus Stratford-upon-Avon tatsächlich der geniale Kopf hinter Klassikern wie "Hamlet" und "Macbeth" war. Urheber dieser Studien sind Historiker, Wissenschaftler und Literaturinteressierte, die diese Debatten vor allem im 20. und 21. Jahrhundert ins Rampenlicht rückten. Warum das Ganze? Die zentrale Frage lautet schlicht: Wer war William Shakespeare wirklich?
Lassen wir uns nicht um den Finger wickeln. Wie können wir davon ausgehen, dass ein einfacher Landjunge, der nicht mal eine Universität besucht hat, literarische Gipfel erstürmt, die selbst die hellsten Köpfe seiner Zeit in den Schatten stellen? In einem Zeitalter, in dem Bildung und Wissen streng gehütete Privilegien der Elite waren, ist es fast schon absurd zu glauben, dass ausgerechnet ein Mann mit offiziellen Schulzeugnissen von üblicher Bildung zum berühmtesten Schriftsteller aller Zeiten wurde. Und doch wollen wir alle glauben, dass Genie von Gott gesandt und nicht Wirkung von Privilegien ist. Doch die Spuren, die uns zu Sir Francis Bacon und Edward de Vere führen, lügen nicht.
Das offensichtliche Problem: Die schlechten erhaltenen biografischen Daten Shakespeares. Wenn man sich die erhaltenen Fakten ansieht, nicht persönlich gezeichnete Manuskripte, keine eindeutigen Beweise seiner Anwesenheit in literarischen Kreisen, wie kann man da sicher sein? Ein Mann wie der Earl of Oxford, Edward de Vere, ein gebildeter Adliger mit Welterfahrung und einem Netzwerk in literarischen Kreisen, scheint fast wie ein besser geeigneter Kandidat. Schon deshalb, weil er vom Adel her über die Mittel verfügte, die weltenberühmten Schauplätze seiner Geschichten aus erster Hand zu kennen. Aber das Resultat einer solchen Einsicht würde unser Bild des Literaturgenies von einem "everyman" zu einem privilegierten Aristokraten umkrempeln.
Aber was wäre, wenn das alles nur inszenierte Geschichtsschreibung wäre? Shakespeare, das Demokratisierungsmythos des Genies, als Pionier der Illusion, dass jeder aus einem bescheidenen Hintergrund ein großer Schreiber werden kann? In einer Welt, die unsere Ideale vom Tellerwäscher zum Millionär so tief verankert sieht, ist es erfrischend konservativ, die Idee zu vertagen, dass Anstand, Bildung und guter Stammbaum unersetzlich für wahren Erfolg sind. Werfen wir also einen kritischen Blick auf die detaillierten Anspielungen in den Texten, die komplexe politische Allegorie und das Verständnis höfischer Intrige, die einem Landei schlicht fremd sein müssten.
Zu welchem Schluss kommen wir also? Die Radikalität der Forschung zur Autorschaft verärgert viele, die glauben, es handele sich um archäologische Akrobatik, die nur Verwirrung stiftet. Doch bei realistischer Betrachtung lösen die unbestritten genialen Werke Fragen aus, die keine einfachen Antworten kennen. Wer erlitt letztlich Schaden durch diese Fragen? Diejenigen, die das klassische Bild des anonymen Genießers britischer Frühlingströmungen bevorzugen, oder diejenigen, die klaren Antworten den Vorzug geben?
Im Angesicht des modernen Konformismus könnte die Ablehnung von Möglichkeiten, die zu unorthodox und dem Mainstream unliebsam sind, wohl als wahre Ignoranz bezeichnet werden. Die Unterscheidungskraft zu pflegen, die Unterschiede zwischen äußeren Erscheinungen und innerem Wesen kritischer zu betrachten, sei das Zeichen eines scharfen Verstandes. Es ist ironisch, dass gerade die freiheitlichen Geister unserer Zeit, die gern alte Erzählungen herausfordern, ihre liberalen Leser nur ungern mit solchen historisch-biografischen Fragen behelligen wollen.
Am Ende bleibt die Autorschaftsfrage Shakespeares immer auch ein Spiegel unserer Zeit: ein Disput, der in der Findigkeit und Verschlagenheit aufkeimt und die Vorstellungskraft allen voran fordert. Obwohl es wohl nie eine Antwort geben wird, die allseits Anerkennung findet, so kann nichts dem Vergnügen gleichen, sich mit scharfsinniger Disputation auseinanderzusetzen. Das wahre Genie Shakespeares lebt in der ewigen Frage fort – Wer war William Shakespeare wirklich?