Natürlich ist es spannend zu sehen, wie Netflix wieder einmal versucht, uns alle zu belehren – und diesmal mit dem Film „Sergio“ von 2020. Basierend auf der wahren Geschichte von Sérgio Vieira de Mello, einem UN-Diplomaten, spielt dieser Film in einem politischen Minenfeld des 21. Jahrhunderts. Die Geschichte entfaltet sich kurz nach der US-geführten Invasion im Irak, hauptsächlich in Bagdad, und gibt uns, trotz seines dramatischen Tonfalls, die Möglichkeit, über die aktuelle politische Landschaft nachzudenken – oder sich schlicht und einfach zu amüsieren. Geschickt gespielt von Wagner Moura als Sérgio und Ana de Armas als Carolina Larriera, bietet dieser Film nicht nur ein visuelles, sondern auch ein ideologisches Spektakel.
Der Film ergründet, wie Sérgio sich zwischen den Mächten bewegt und dabei versucht, irgendwie die Welt zu retten. Nun ja, die Liberalen lieben Helden, die mit blumigen Worten versuchen, internationale Konflikte mit einem Lächeln auf den Lippen zu lösen. Aber lassen wir uns nicht täuschen. Während Sérgio in der Geschichte als tragischer Held erscheint, bietet der Film zahlreiche Situationen, die von den wahren geopolitischen Konsequenzen ablenken. Es wird fast so dargestellt, als ob Diplomatie nichts mit knallharter Realität zu tun hat, sondern vielmehr ein Tango mit weniger Cha-Cha und mehr Gefühlsduselei ist.
Wenn man sich die schöne Landschaft und die herzzerreißenden Szenen ansieht, kann man leicht mit dem Strom schwimmen und die Gefahren vergessen, die hinter solch einer diplomatischen Naivität lauern. Der Film hat sicherlich seine Stärken in der Darstellung von menschlicher Emotion, zwischenmenschlichen Beziehungen und der heldenhaften Bemühung, Frieden zu schaffen. Doch werfen wir einen Blick auf das Weltgeschehen: Die Realität hat wenig mit diesen utopischen Fantasien zu tun. Sérgio zeigt uns, dass Idealisten manchmal mehr Schaden anrichten – nicht durch Absicht, sondern durch schiere Ignoranz gegenüber der Machtebene auf der Weltbühne.
Auffällig ist auch die Rolle der USA im Film und die unterschwellige Kritik an der amerikanischen Außenpolitik. In der Welt der Diplomaten ist es eine Sache, zu verhandeln, eine andere, den Löffel abzugeben, weil man die Gefahren eines Kriegsgebietes ignoriert. Und genau hier überrascht uns Sergio erneut: Mit einer Geschichte, die eine frustrierende Blindheit gegenüber den Konsequenzen von Machtvakuum und aufgezwungenem Frieden offenbart.
Als politisch konservativer Denker frage ich mich manchmal, ob nicht Filme wie diese aus ihrer Rolle als bloße Unterhaltung herausbrechen, um an den unbedarftesten Zuschauer verkauft zu werden, der den eigentlichen Spielraum und die Risiken der Politik nicht sieht. Die symbolische Reise, die Sergio im Film unternimmt – von einem internationalen Top-Diplomaten zu einem Opfer seiner eigenen Prinzipien – ist eine Warnung vor der akademischen Distanz und dem Idealismus der Elfenbeinturm-Diplomatie.
Doch eines kann man dem Film nicht absprechen: Die packende Erzählung von Sérgio bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt der internationalen Diplomatie. Sie betont die Komplexität der Menschlichkeit und die Risiken, die wir eingehen, wenn wir uns auf falsche Hoffnungen stützen. Die Schlüsselszenen von Sergio rufen die verführerische Verteidigung radikalen Idealismus hervor, die die politische Linke so gerne anpreist.
Es bleibt zu sagen, dass „Sergio“ ein Film ist, der Emotionen weckt – und sei es nur, um den Idealen der Weltverbesserer ein wenig Honig ums Maul zu schmieren, während er provokant die geopolitische Naivität enthüllt. Erwartet nicht, dass der Film euch mit Antworten zurücklässt. Vielmehr initiieren Filme wie Sergio fruchtbare Diskussionen über die Kluft zwischen politischen Idealen und Realpolitik. Und, wenn man genau hinsieht, könnte man fast schmunzeln darüber, wie der gutgemeinte Idealismus sich selbst aushebelt – vielleicht ist die wahre Tragödie des Sérgio, dass er zu viele Ideale und zu wenig Wirklichkeit im Blick hatte.