Sechs Klaviere: Nicht nur weiße oder schwarze Tasten

Sechs Klaviere: Nicht nur weiße oder schwarze Tasten

'Sechs Klaviere' von Steve Reich sticht in der Musiklandschaft als faszinierendes Werk hervor, das sechs Klaviere in einem hypnotisierenden Klangbild vereint. Es stellt eine orchestrale Herausforderung dar und schärft unser musikalisches Verständnis.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Wer hätte gedacht, dass sechs Klaviere gleichzeitig so viel Lärm machen könnten? Und bevor jemand das als abfällige Wertung versteht – das ist pure Faszination! 'Sechs Klaviere', ein Meisterwerk des amerikanischen Komponisten Steve Reich von 1973, wurde ursprünglich in New York uraufgeführt und sticht in der Musiklandschaft als faszinierendes Werk hervor. In diesem Stück wird der Minimalismus auf die Spitze getrieben und lässt sechs Klaviere in einem akribisch geplanten Klanggebilde zusammenwirken. Die Idee war es, Wiederholung und Variation so ineinander zu verflechten, dass die Hörer von den hypnotischen Mustern nahezu gefesselt werden. Reich beabsichtigte nirgendwo anders als in der Kunstmetropole New York mit diesem Stück die Säulen der modernen Kunst gehörig durchzurütteln und das hat er zweifellos geschafft.

Steve Reichs musikalische Künste verbinden in meisterhafter Manier die Präzision der Mathematik mit der Kunst des Gefühls, um eine Symphonie zu schaffen, die selbst die Einparkhilfen der Gegenwarts-Klasse abgehängt. 'Sechs Klaviere' kann man fast schon als orchestralen Klavier-Regen bezeichnen, der die Zuhörer unerbittlich mit seiner monotonen aber dennoch aufregenden Art reinigt. Man wird erschlagen, aber auf eine Weise, die das eigene kulturelle und musikalische Verständnis tiefgehend herausfordert – zum Segen der Shockvalue-Ästhetik des 1970er-Avantgarde. Wenn das spielt, wird der Begriff 'Klavierkonzert' recht herabgestuft. Macht da mal was draus!

Dieses Werk, das an vielen renommierten Orten aufgeführt wurde – darunter die Carnegie Hall – ist zweifellos eine der provokantesten Erfindungen Reichs. Und das Beste daran? Die Bühnenpräsenz von sechs identischen Instrumenten, deren klangliche Symmetrie einiges Geschick und Disziplin von seinen Interpreten verlangt. Hier gibt es keine großen Dirigenten, die das Orchester durch Wellen brechen, sondern es liegt alles in den Händen der Künstler selbst, die im Gleichklang auf der Welle surfen müssen. Das ist echtes Kunsthandwerk statt seichter Lärm, und es ist kraftvoller, als es Worte festhalten können.

In einer von Reizen überfluteten Welt hilft uns Reich, einen Moment der Unendlichkeit zu erkennen. Nicht mehr Mittelmaß oder eine fade, neutrale Zone – sondern das worauf wir alle gewartet haben: ein Kommentar zur Gesellschaft, verkapselt in einer akustischen Manifestation. Das Stück wühlt einen auf, lässt den aufmerksamen Zuhörer den Musikkonsens hinterfragen und bringt mit jedem Tastendruck an die Oberfläche, was viele am liebsten ignorieren würden. Und machen wir uns nichts vor – das ist Musik, die sich gegen den Lull und Lärm unserer digitalen Moderne zur Wehr setzt.

Es ist reichlich amüsant, dass ein paar Liberale diese Art von künstlerischem Ausdruck vielleicht als zu herausfordernd empfinden könnten. Wer es jedoch schafft, 'Sechs Klaviere' zu genießen und zu schätzen, erfährt eine Transformation – hinweg vom Gewöhnlichen zur Entdeckung der Symmetrie in der Ursache. Man wird gezwungen, das Ohr zu spitzen und das Verborgene im Offensichtlichen zu entdecken. Wenn die Klaviere allmählich ihre Choreografie zur Vollmacht führen, ist das ein Erlebnis, das dem zuhörenden Geist wohlige Gänsehaut zu bescheren vermag.

Man sollte 'Sechs Klaviere' nicht leichtfertig abtun als ein Schmankerl für Anhänger der Avantgarde. Nein, hier wird Bewunderung für jenen ausgedrückt, der den Mut hat, außerhalb des üblichen schillernden Rahmens zu erstarren und eine erhabene Klangordnung zu genießen, die nicht in schmerzloser Weise begangene Pfade unendlich wiederholt. Diejenigen, die es wagen, haben die einmalige Gelegenheit, auf den minimalistischen Wellen zu reiten und sich dem Sound der Zukunft hinzugeben.

Steve Reich hat mit diesem Werk die Fingerabdrücke der Moderne in musikalischen Noten festgehalten und einen Raum geschaffen, indem Klang und Stille miteinander tanzen. Geben wir ihm das, was ihm zusteht: Bewunderung und Respekt. Denn ganz gleich, ob man es nun Laut oder Leise mag – hier spricht die Musik laut genug, um uns aufzuwecken.