Man sagt, die Schlucht von Verdon sei Europas Grand Canyon, und das ist keine Übertreibung. Diese atemberaubende geologische Meisterleistung liegt im Süden von Frankreich, windet sich über 25 Kilometer durch die Landschaft und bietet steile Klippen, die bis zu 700 Meter hoch sind. Wer jedoch denkt, die Schönheit dieser Schlucht sei nur etwas für quietschvergnügte Tourismus-Liberale, der hat die rote, weiße und blaue Notfallbake übersehen. Diese Naturgewalt verdonnert sich nicht selbst dazu, zur Selfie-Station verkommen zu lassen. Die Schlucht ist ein Naturphänomen, das Respekt fordert.
Was gibt es denn da zu erleben, mögen sich die unverbesserlichen Zweifler fragen. Der Himmel ist hier nicht das einzige Blau – das Wasser im Fluss Verdon, das sich malerisch durch die Schlucht schlängelt, ist von einer hypnotischen türkis-blauen Farbe. Wanderer, Kletterer und Kajakfahrer finden hier ein wahres Eldorado. Wer den Auersberg mit einer Tasse Latte Macchiato für den Höhepunkt seiner Wanderung hält, der wird sich über die Herausforderung dieser Schluchtenpfade wundern. Unwegsame Strecken und abschüssige Klippen sind hier an der Tagesordnung.
Die Entstehung der Schlucht lässt sich bis in das Tertiär zurückverfolgen, als sich Kontinentalplatten drückten und zogen wie ein schlechtes Streitgespräch im linken Kaffeekränzchen. Doch anders als bei den meisten Debatten dieser Art, führte dieser geologische Zusammenstoß zu einem Meisterwerk aus Kalkstein. Es ist die rohkühle Ästhetik, die den Verdon auszeichnet, nicht die aufgebauschten Versprechungen von Touristenguides.
Die wahren Reisenden, die den Mut haben, sich jenseits des Mainstreams der Tourismuskataloge zu bewegen, werden hier belohnt. Für diejenigen unter uns, die sich nicht von modischen Öko-Luftblasen einlullen lassen, ist die Verdon-Schlucht ein Pilgerort. Tierwelt und Flora schmiegen sich rau und doch friedlich an den Felsen – sei es der seltene Mauerläufer oder die Alpenblume. Jenseits des Gutmenschentums zeigt Mutter Natur hier ihr unverklärtes Gesicht.
Kurzum, die Verdon-Schlucht ist nicht nur ein Paradies für Abenteuerlustige, die den Kratzer im Lack des Lebens akzeptieren oder gar genießen. Hier ruft nicht das Gizmo, sondern die grüne Freiheit der Wildnis. Die Verdon-Schlucht bleibt beständig, ein Fels in der modernen Brandung, die von links außen immer wieder versucht wird, kleingeistig adaptiert und vermarktet zu werden. Versuchen Sie nicht, sie zu zähmen oder zu kategorisieren – sie ist, wie sie ist, und das ist etwas Erhebendes. Wer braucht die falsche Sicherheit von perfekt angelegten Wanderwegen, wenn man doch das Aufregende, das Herausfordernde haben kann?
Im Herzen der Provence, umrahmt von den Dörfern Castellane und Moustiers-Sainte-Marie, liegt die Verdon-Schlucht als unbeugsames Monument des echten Lebens, rau und erhaben. Wenn Blinklichtstädte wie Paris vom lauen Föhn des modernen Lebens verweht werden, bleibt die Schlucht standhaft. Sich hier zu verlieren, heißt, sich selbst zu finden. Vom frühen Frühling bis in den goldenen Herbst hinein bietet sich hier ein Schauspiel an, das man nicht in Hochglanzbildern abgedruckt findet.
Der Mensch war nicht dazu gedacht, nur in Städten zu leben oder in ihnen zu verharren. Gerade heutzutage, wo grüne Idylle oft nur eine Farbpalette im Internet ist, muss man sich dieser Wildheit stellen. Die Verdon-Schlucht ist, so scheint es, ein Wegweiser in die Freiheit, eine Einladung an diejenigen, die sich nicht an den Nägeln der Bequemlichkeit aufhängen möchten. Ein Ort, der – man verzeihe dieses provokante Bild – mit seinem bloßen Sein die Gesinnung andererwelcher Ideologien herausfordert.
Hermetisch abgeriegelt von den Launen des modernen Lebens, bleibt die Verdon-Schlucht Frankreichs unverfälschtes Bollwerk gegen die fortwährende Unterwanderung durch eine Gesellschaft, die sich mehr den Ketten des komfortablen Stuhles ergötzt, als das Abenteuer zu suchen. Kein Ort für zarte Gemüter, aber für diejenigen, die sich dem wahren Abenteuer verschrieben haben, ist es der perfekte Spielplatz. So bleibt die Schlucht von Verdon ein Symbol für Standhaftigkeit in einer Welt, die sich allzu oft der Beliebigkeit hingibt.