Warum "Privates Eigentum" 2006 ein missverstandener Klassiker ist

Warum "Privates Eigentum" 2006 ein missverstandener Klassiker ist

"Privates Eigentum" ist ein Film, der traditionelle Werte auf den Prüfstand stellt und die moderne Dekadenz scharf kritisiert. Joachim Lafosses Werk liefert einen frischen Blick auf familiäre Verantwortung und individuelle Freiheit.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Haben Sie je das Gefühl gehabt, dass ein Film die Gesellschaft herausfordert, sie in ihren Grundfesten erschüttert und dennoch verkannt bleibt? "Privates Eigentum" von 2006 ist genau so ein Film. Regie führte der belgische Regisseur Joachim Lafosse, der mit diesem Drama die Bequemlichkeit und die moderne Dekadenz im westlichen Leben aufs Korn nimmt. Der Film versetzt uns in die Welt einer alleinerziehenden Mutter mit ihren erwachsenen Zwillingssöhnen in einem großen alten Landhaus. Und ja, das Ganze spielt in Belgien, einem Land, in dem vieles gut läuft, aber der Kern der westlichen Werte gründlich unter die Lupe genommen wird.

Der Film wurde am 9. September 2006 auf den Telluride Film Festival in den USA veröffentlicht - ein für seine künstlerische Freiheit berühmtes Festival. Doch warum packt "Privates Eigentum" so wenig die breite Masse? Nun, stellen Sie sich vor, Ihr Leben lang wurde Ihnen eingeredet, dass individuelle Freiheit über alles andere zu stellen ist. Doch plötzlich zeigt Ihnen ein Film, wie diese Freiheit mit Verantwortung zu kollidieren droht. Das ist das Dilemma, das Lafosse uns präsentiert, indem er die Charaktere mit Konflikten zwischen persönlichen Wünschen und familiären Pflichten konfrontiert.

"Privates Eigentum" ist kein Film für die Lügen, die uns die progressiven Kräfte in den Medien verkaufen wollen. Diese Geschichte handelt nicht von der bunten, sorgenfreien Welt, die uns gerne vorgegaukelt wird, wenn wir aus den rosaroten Brillen schauen. Hier geht es darum, wie aufopfernd wahre Beziehungen sein müssen, um Beständigkeit zu schaffen. Indem sie die Lebensentscheidungen ihrer Mutter in Frage stellen, offenbaren die Zwillingssöhne Thierry und François, wie schnell die moderne Jugend dazu neigt, Verantwortung zu vermeiden, selbst wenn sie den Wert des Erbes vor Augen hat.

Ein weiteres Meisterstück an diesem Film ist die außergewöhnliche Besetzung. Isabelle Huppert spielt die Rolle der Pascale, die Mutter, bemerkenswert stark und nuanciert. Doch was sich wirklich abzeichnet, ist die rohe und unverfälschte Darstellung der familiären Beziehungen. Diese Charaktere machen nicht den einfachen, vorhersehbaren Weg durch die Geschichte. Stattdessen scheint es, als würde jeder Dialog, jede Kameraaufnahme, die Zuschauer dazu zwingen, ihre eigenen moralischen Grundsätze zu überdenken und zu reflektieren, wer wirklich die Kontrolle über ihr Leben haben sollte.

Kritiker mögen über diesen Film sagen, dass er wenig Handlung hat. Diese Aussage entlarvt jedoch nichts anderes als die Oberflächlichkeit, mit der Kunst oft im Mainstream betrachtet wird. "Privates Eigentum" zeigt uns nicht die hastigen, actiongeladenen Wege, die Hollywood gewöhnlich geht. Stattdessen begeben wir uns auf eine Reise des Nachdenkens, die uns erkennen lässt, dass wahres Drama aus den leisen, fast unsichtbaren Spannungen des täglichen Lebens entsteht. Dies ist der Grund, warum Lafosse mit seinem Werk für das Label des Avantgarde-Kinos prädestiniert ist.

Was beide, Kritiker und liberale Stimmen, übersehen, ist die geniale Bildsprache des Films. Wenn Pascale darin kein klares Ziel sehen mag oder ihre Söhne den Wert des Hauses anders einschätzen, spiegelt dies den größeren moralischen und gesellschaftlichen Konflikt wider: Ist modernes Leben echt, nur weil es neuartig beworben wird? Seit wann steht Modernität über ethischen Grundsätzen und familiären Werten?

Worin liegt der eigentliche Reiz und die Härte zugleich von "Privates Eigentum"? Es ist seine schonungslose Art, die makabere Bequemlichkeit unserer so genannten "Zivilisiertheit" ans Tageslicht zu bringen. Indem der Film uns das Gefühl gibt, Voyeur im Leben anderer zu sein, lässt er uns auch in die Untiefen unserer selbst gerichtet reflektieren. Wie viele von uns geben Dinge auf, wegen kurzfristiger Befriedigung oder Trends, wie es die Söhne tun?

Lassen wir uns von der vorzüglich gelungenen Dramatik nicht täuschen: Die Botschaft dieses Films bleibt bestehen. Ein Film, der Fragen zur wahren Freiheit stellt und die alltäglichen Freiheiten in einem Rahmen der Verantwortung neu definiert. Das macht "Privates Eigentum" zu einem unverzichtbaren Werk unserer Zeit, selbst wenn es eine beunruhigende Wahrheitsansprache in einem Meer von leichtem Genuss darstellt. Wer sich in Fragen taflieren kann, erkennt den wahren Wert dieser filmischen Perle.