Philip J. Pauly, der herausragende Historiker der Wissenschaft, könnte glatt ein Held in einem konservativen Drama sein – schnittig, kritisch und bereit, die unordentlichen Fäden der Vergangenheit zu entwirren. Dieser bedeutende Geist, geboren im Herzen Amerikas, widmete seine Karriere der Erforschung der Wissenschaftsgeschichte, was ihm den Ruf eines intellektuellen Schlüsselfigur unserer Zeit eingebracht hat. Pauly, der von Mitte der 1980er Jahre bis zu seinem frühen Tod im Jahr 2008 wirkte, hatte ein Händchen dafür, auf spannende und doch provokante Weise hinter die Kulissen wissenschaftlicher Entwicklungen zu schauen.
Wer Pauly nicht kennt, verpasst eine erfrischende Wahrnehmung der Wissenschaft als zentrales und ungeschöntes Stück unseres Geschichtspuzzles. Er untersuchte, woher wissenschaftliche Erkenntnisse kommen, wie sie sich verbreiten, und glaubte an eine Auslese von Wissen, die nicht einfach blindlings als "Wahrheit" akzeptiert werden sollte. Diese Perspektive stieß natürlich nicht nur auf Gegenliebe, speziell in einer Zeit, in der die Wissenschaft gerne als unantastbare Wahrheit und nicht hinterfragte Quelle von Autorität präsentiert wurde.
Pauly setzte sich mit zahlreichen Themen auseinander. Bereits 1996 sorgte er mit seinem Werk "Fruits and Plains" für Aufsehen, in dem er die Biotechnologie und ihre Ausbreitungsstrategien untersuchte. Wie nicht anders zu erwarten, war sein Ansatz alles andere als lobhudlerische Propaganda für wissenschaftlichen Fortschritt. Vielmehr zeigte Paula in akribischer Recherche und mit ungeschönter Argumentationskraft, wie Biotechnologie von einer handverlesenen Elite geformt und umgesetzt wird, oft ohne Rücksicht auf die ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen.
Könnte eines seiner Bücher aus dem Regal genommen werden, um die verhätschelte Vorstellung von Autoritäten im weißen Kittel zu hinterfragen, dann wäre das sicher "Biologists and the Promise of American Life". Pauly wagte es, zu riskieren Autoritäten in der Wissenschaft zu verärgern, indem er biologischen Experten in den USA eine Hinterfragung ihrer Rolle und ihres Einflusses auf die amerikanische Gesellschaft nahelegte. Und genau hier schieden sich die Geister; denn wer sieht schon gerne zu, wie die Säulen ihrer religiös anmutenden Glaubenssätze über Wissenschaft als Vorreiter des Fortschritts in Frage gestellt werden?
Um seine Arbeit zu würdigen, sollte man wissen, dass er nicht alleinigen Zwecken der Provokation hinterherlief. Pauly strebte danach, das komplexe Zusammenspiel zwischen Naturwissenschaften, Politik und dem Allgemeinwohl zu verstehen. Seine penible und faktengestützte Arbeitsweise war nicht nur bloßer Affront, sondern ein Appell, gründlicher zu hinterfragen. Auch wenn sich sein Gedankengut nicht mit den vorherrschenden liberalen Grundsätzen vereinbaren ließ, bot er fundierten Diskussionsstoff, um die eigentliche Funktion der Wissenschaft in unserer Gesellschaft neu zu deuten.
Philip J. Paulys Auseinandersetzung mit der 'Biologisch kontrollierten' Gesellschaft verweist unmissverständlich auf die Gefahr der technologischen Hybris. Sein Anspruch war, dass genaues Hinsehen und kritisches Reflexieren unser Antrieb sein muss. Wissenschaft ohne moralischen Kompass ist für ihn leeres Gerede – ein Credo, an dem sich viele umso weniger reiben wollten. Er prangerte an, dass gerade in den USA während des 20. Jahrhunderts eine Bündelung der biologischen Kräfte stattfand, die nicht unbedingt zum Wohl des Volkes agiert.
Selbst seine wohlmeinende Forschung über die Geschichte von Zoos, auf die Pauly in den späten Jahren seiner Laufbahn aufmerksam machte, warf schwerwiegende Fragen auf: von der Instrumentalisierung der Natur zu Zwecken der Machtdemonstration bis hin zu kolonialistischen Spuren des Fortschritts, die kritisiert wurden.
Letztlich hinterlässt Philip J. Pauly einen bleibenden Eindruck und eine Ermutigung, den vermeintlich unfehlbaren Vorreitern der Wissenschaft kritisch entgegenzutreten. Seine Werke sind heute immer noch eine Fundgrube, um die einseitige Erzählweise zu hinterfragen, wann immer die Wissenschaft als allmächtiger Vermittler des menschlichen Fortschritts fungieren soll.