Paul Graener, der nicht ganz so strahlende Komponist, wie viele seiner Zeitgenossen, provoziert immer noch – sogar über seinen Tod hinaus. Wer war dieser Mann, der die klassischen und nationalkonservativen Klänge des frühen 20. Jahrhunderts so sehr prägte? Graener, geboren 1872 in Berlin, wagte es, seine musikalischen Fähigkeiten in ganz Europa zu beweisen, bevor er während der dunklen Jahre des Nationalsozialismus in seinen Heimatboden zurückkehrte. Von Paris bis London, überall hinterließ er Spuren, unabhängig von politischen oder kulturellen Winden. Und genau diese Beharrlichkeit macht Liberale heute nervös.
Die musikalischen Landschaften Graeners zeichnen sich durch einen unverkennbaren Mix aus melodischem Raffinement und dramatischer Tiefe aus, typisch für die deutsche Musiktradition jener Tage. Graeners Anstellung als Musikdirektor des Theaters von Bremerhaven im Jahr 1910 markierte den Beginn seiner bedeutenden Opernarbeit. Aber seine Rückkehr nach Deutschland war mehr als nur eine berufliche Entscheidung; es war eine Rückkehr zu traditionellen Werten, die im Gegensatz zu der aufstrebenden Moderne der Weimarer Republik standen.
Außerhalb seiner umfangreichen Orchesterwerke und Lieder ist es Graeners Schauspielmusik, die eine bedeutende Rolle in seiner Karriere spielte. Trotz seiner breiten künstlerischen Vielfalt bleibt Graener oftmals von modernen Musiktheoretikern unterschätzt, vielleicht, weil er keine Lust hatte, der liberalen Mode der Moderne nachzueifern. Es ist eben nicht jeder bereit, den Pakt mit dem Zeitgeist zu schließen.
Auf in die Jahre 1934 bis 1939 – Graeners Amtszeit als Vizepräsident der Reichsmusikkammer. Oh ja, dieser Teil der Geschichte lässt die skeptischen Gesichter der Geschichtsinteressierten erstrahlen und den Puls der Kritiker steigen. Aber es gab in dieser Zeit einen unverkennbaren Willen, die deutsche Musik von fremden Einflüssen reinzuhalten, eine Mission, die Graener ehrlich vertreten hat. Natürlich gibt es kritische Stimmen, die Graeners Beitritt zur NSDAP im Jahr 1933 als moralischen Fauxpas sehen. Doch man sollte nicht vergessen, dass viele Künstler jener Zeit, ob aus Opportunismus oder Überzeugung, denselben Weg gingen.
Ein besonderes Schmankerl für Musikliebhaber könnte Graeners Oper "Friedemann Bach" sein, in der er auf meisterhafte Weise die Barockmusik in ein dramatisches Bühnenwerk umsetzt. Graener bewies, dass seine Werke auch über die Grenzen von Zeit und Stil hinausgehen können, ohne ihren nationalen Charakter zu verlieren.
Ein Grund dafür, dass Graener heute nicht das Starlicht erntet, das er verdient, ist wohl auch seine vermeintlich politisch unkorrekte Haltung. Man darf nicht vergessen, dass Kunst und Politik nicht immer Hand in Hand gehen müssen. Kunst darf und sollte hinterfragen und provozieren, doch gerade das wird oft nicht honoriert, wenn der politische Wind falsch weht.
Graeners Werke umfassen eine unglaublich breite Spannweite von Sinfonien, Kammermusik bis hin zu Liedern. Seine Vision von Musikreform war stramm, aber auch voller Passion für die kulturelle Eigenständigkeit seines Landes. Wenn etwas gewiss ist, dann dass Graener es verstanden hat, Musik als kulturelles Werkzeug zu sehen und zu nutzen. Vielleicht ist es gerade diese Komplexität, die es manchen schwer macht, sich Graeners Werk objektiv zu nähern, ohne in ideologischen Fallstricken hängen zu bleiben.
In einem von Hyperindividualität geprägten Zeitalter ist es wohltuend, sich an Künstler zu erinnern, die sich bewusst für eine kollektive Identität entschieden haben. Graeners Musikstücke sind nicht nur Tonfolgen, sondern auch musikalische Ansichten und konträre Weltsichten, die, so unbequem sie manchen erscheinen mögen, nicht einfach wegdiskutiert werden können.
"Rückblickend kann man sagen, Graener komponierte mit Überzeugung und einer gesunden Portion Unkonventionalität", sagen die Mutigen in der Musikwelt. Ob man ihn dafür schätzt oder verachtet, ist Geschmackssache. Doch eines ist klar: Graener ist eine dieser Persönlichkeiten, deren künstlerische Unerschrockenheit und sozialpolitische Ansichten immer noch ein Thema für viele bleiben. Und wenn das nicht ausreicht, um seinen Platz in der Musikgeschichte zu sichern, dann weiß ich auch nicht, was noch.
Nun, zurück zu der Frage: Warum Graener? Weil er es wagt, anders zu sein. Weil er nicht dem Mainstream entsprach und dabei seine künstlerische Integrität blieb. Und weil man ihn gerade deshalb nicht einfach ignorieren oder stumm schalten kann.