Das Märchen von Otto Warmbier begann wie eine klischeehafte College-Geschichte aus einem amerikanischen Spielfilm, nahm jedoch eine schockierende Wendung ins Albtraumhafte, die die Welt erschütterte. Warmbier, ein Amerikaner und Student der University of Virginia, reiste 2015 nach Nordkorea, einem der totalitärsten Regime der Welt. Er wurde verhaftet, angeblich weil er ein Propaganda-Poster stehlen wollte – ein Verbrechen, das im Westen kaum eine Erwähnung wert gewesen wäre, aber in Nordkorea galt es als Angriff auf die Staatsführung. Innerhalb weniger Minuten nach seiner Verhaftung begann für Warmbier eine beispiellose, internationale diplomatische Krise.
Nordkorea, bekannt für seinen brutalen Umgang mit Oppositionellen, diente als trister Hintergrund dieser Tragödie. Während Warmbier 2016 in einem Schauprozess zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt wurde, fragte sich die Welt, wie ein junger und vielversprechender Student in solch eine Lage geraten konnte. Die Antwort mag offensichtlich erscheinen, aber sie ist eine Lektion, die viele zu ignorieren scheinen: Reisen in Diktaturen ist selten eine gute Idee, vor allem wenn naive Träume und mangelndes Verständnis für die politischen Realitäten aufeinanderprallen.
Viele argumentieren, dass Warmbier kein politisches Statement abgeben wollte; er sah die Reise als eine Art Abenteuer. Doch sollte man sich, bevor man spontane Abenteuer in totalitäre Staaten angeht, vielleicht fragen, ob Spaß es wert ist, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. War sein Handeln töricht? Vielleicht. Aber war es das wert, sein Leben in einem nordkoreanischen Gefängnis zu verlieren? Die Antwort spricht für sich selbst.
Fast 18 Monate lang blieb die Frage nach Warmbiers wahrem Schicksal unter Verschluss. Während seine Familie um seine Freilassung kämpfte, verkam der junge Mann zu einer politischen Schachfigur im Konflikt zwischen Nordkorea und den USA. Als er im Juni 2017 schließlich zurück in die USA überwiesen wurde, war er in einem erschreckend schlechten Gesundheitszustand, das Ergebnis unvorstellbarer Misshandlungen. Er starb nur wenige Tage nach seiner Rückkehr – ein erschütterndes Ende für ein junges Leben.
Wurde Warmbier als abschreckendes Beispiel für die westliche Welt benutzt? Wahrscheinlich. Und genau das war die Botschaft – garniert mit einem geopolitischen Schlagabtausch – die Nordkorea wohl beabsichtigte. Westliche Reisende sollten sich gut überlegen, wo sie hinreisen, besonders wenn Landesregeln wie in Nordkorea als absolut gelten. Warmbiers Fall diente als Wachruf, der allzu oft überhört wird.
Das liberale Ideal, die ganze Welt erleben zu können, wurde durch die bittere Wahrheit eingeholt: Einige Orte der Welt sind einfach nicht sicher, egal wie stark die Neugier sein mag. Natürlich ist es leicht, hinterher zu sagen, dass er hätte besser vorbereitet sein sollen oder die möglichen Konsequenzen bedenken müssen. Doch ist es nicht genauso die Aufgabe der Regierungen, ihre Bürger vor solchen Gefahren zu warnen? Diese Frage bleibt offen.
Warmbiers Geschichte ist eine, die viele Lektionen lehren könnte, wenn man bereit ist, zuzuhören. In einer manchmal übermäßig beschützenden Kultur sollten solche Lektionen nicht ignoriert werden. Der Preis für Ignoranz kann nämlich tödlich sein. Die pure Idee, dass ein einfacher College-Ausflug zu derart tragischen Konsequenzen führen kann, ist für die meisten von uns unvorstellbar, aber Warmbier diente als tragische Erinnerung daran, dass das Unvorstellbare doch passieren kann.
Die politische Weltordnung ist komplex und oft gefährlich, oft regiert durch Machthaber, die sich nichts aus dem Leben eines Einzelnen machen. So grausam es auch erscheinen mag, wird der Vorfall um Otto Warmbier in Erinnerung bleiben als ein Mahnmal für die rücksichtslosen Risiken des Einzelnen im Angesicht brutaler Diktaturen. Naivität kann in einer wohlmeinenden Welt eine Tugend sein, aber gegenüber totalitären Regimen ist sie eine Katastrophe in Vorbereitung.