Warum wir aufhören sollten, alles reimen zu wollen

Warum wir aufhören sollten, alles reimen zu wollen

"Nichts Reimte Sich" ist ein faszinierendes Werk des konservativen Autors Max Mustermann, das im Frühjahr 2023 veröffentlicht wurde und dem unwiderstehlichen Drang zur Sprachordnung trotzt.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Manchmal gibt es bei Neuerscheinungen in der Musik oder Literatur einen lauten Knall – oder eben keinen. Bei dem Werk "Nichts Reimte Sich" von dem recht selbstbewussten Texter Max Mustermann, das im Frühjahr 2023 durch die Buchläden weht, erleben wir eine Mischung aus Sprachpurismus und chaotischer Kreativität. Mustermann, der dafür bekannt ist, konservative Werte zu schätzen und zu wahren, hat sich dieser Veröffentlichung in Berlin hingegeben. Das Werk erschüttert sog. liberale Träume von Harmonie und zwanghafter Struktur. Liest man die ersten Zeilen, merkt man das Schaudern derjenigen, die damit Schwierigkeiten haben, sich in einer Welt ohne vorgefertigte Melodie zurechtzufinden.

Das Werk bleibt stecken wie ein Stein im Schuh derer, die ewig der Reimgliederung hinterherjagen. "Nichts Reimte Sich" ist nicht für die schwachen Nerven jener, die glauben, dass Sprache nur in Versmaß und Takt abgefasst werden müsse. Warum sollte überhaupt alles reimen? Es ist der Drang nach einfacher Konsistenz und rhythmischer Vorhersehbarkeit, der die Fähigkeit unserer Gesellschaft, komplexe Gedanken zu erfassen, eingrenzt. Max Mustermann fackelt nicht lange mit seiner Kritik an der pseudopoetischen Bewegung, die sich wegen des Verweilens im Bekannten kaum mehr traut, sprachliche Grenzen auszuweiten.

Die sogenannte Reimkultur hat der Moderne wenig Gutes beschert. Während man im klassischen Sonett noch einen gewissen Charme finden kann, ist das stumpfe Aneinanderreihen von Reimen nichts anderes als bemühte Form ohne Inhalt – ein Zeichen dafür, dass sich die Meinungen und Gedanken in festgefahrenen Mustern bewegen. "Nichts Reimte Sich" erweckt den Mut, aus dieser erstarrten Form auszubrechen und setzt auf das freiere Spiel der Assoziationen und Ideen, ohne den übertriebenen Zwang zur Ordnung.

Konservative wie Mustermann verstehen, dass DNA-Bestandteile unserer Kultur auf Ordnung und Klarheit setzen. Doch indem wir jegliche chaotische Kreativität zähmen, berauben wir uns des Genusses der überraschend frischen Perspektive. In Mustermanns Werk erleben wir den Austausch rigider Struktur gegen die Freiheit, dem eigenen Verstand zu folgen, wie er eben will. Dies zwingt den Leser, sich im Sinne echter Interpretation zu beteiligen, statt faul an den gewohnten Endreimen entlangzudümpeln.

Sprunghaft wie Max, sind auch dessen Worte. Er provoziert und entzündet ein Feuer in Wortgefechten, das nur schwer zu löschten ist. Was löst diese Aggression aus? Vielleicht ist es die Angst vor dem unvertrauten Geist, der nicht jedermanns Sache ist. Inzwischen sind unsere Schulen mit Material gesättigt, das versucht, jede kreative Ecke zu glätten. "Nichts Reimte Sich" widersetzt sich diesem Trend und stellt die künstlerische Freiheit in den Vordergrund.

Ein gemeinsames Thema des Buches besteht darin, sich nicht an überkommene Normen anzupassen. Das Aufrütteln eines Sektors, der alles Süße und Weiche in unsere Ohren pusten will, indem es den Wellen der Reime hinterherjagt, ist ein Argument, das Mustermann stetig verlautbart. Diese Haltung kitzelt geradezu die Fantasie, das Gewohnte zu hinterfragen und nicht jeden Lauf der Sprache als gegeben anzusehen.

Die Unzufriedenheit mit konventionellen poetischen Traditionen schlägt gleichzeitig eine Brücke zu unserer modernen Gesellschaft. Denn was sagt uns ein Text, wenn wir ihn schlichtweg lieblicher machen, um den Durchschnitt zu erfreuen? Wie befriedigend wäre es doch, mehr auf Konfrontation zu setzen, anstatt Harmonie zu verfolgen. So zwingt Mustermann nun an eben diesem punctum die Leser, sich den Banalitäten zu verwehren.

Übrigens, unsere Gedichte sind nicht mehr, was sie einst waren. "Nichts Reimte Sich" scheint genau in diesen Punkten zu glitzern. Indem die alte Vorstellung von ‚Reimen müssen‘ über Bord geworfen wird, erwächst die große Chance auf fruchtbaren Boden für Sprachspiele, die Bewegung in den verstockten Stand der Poesie bringen. Alles muss nicht schön in eine Form passen, um den schlichten Erfordernissen des Reims gerecht zu werden.

Unterhaltsam und klug balanciert Mustermann die Waage zwischen computergesteuerten Wortüberschuss und sorgfältig abgewogenem Diskurs. Er präsentiert ein echtes, oft auch ironisches Wortwerte-Manifest, das unser Verständnis von Dichtung streckenweise in Frage stellt. Zusammengefasst, sind wir als Gesellschaft herausgefordert, uns auf den Weg zu machen, sprachlich unpassierte Territorien zu betreten. Doch dafür müssen wir die angezogenen Leinen reißen und mutig über den Tellerrand blicken. Stattdessen ist es dieses Buch, das im Spiegel des heutigen sprachlichen Lebens standhaft echot.