Neymar: Ein Film so kontrovers wie die Karriere des Spielers
Neymar, der brasilianische Fußballzauberer, ist nicht nur auf dem Spielfeld ein Phänomen, sondern hat jetzt auch die Kinoleinwände erobert. Die Dokumentation „Neymar: Der perfekte Chaos“ (2022) wirft einen provokanten Blick auf das Leben und die Karriere des polarisierenden Stars. Regie führte David Charles Rodrigues, ein Filmemacher, der offensichtlich Sympathien für gesellschaftlichen Wirbel hat. Veröffentlicht wurde der Film auf einem der globalen Streams: der Plattform Netflix, womit er weltweit Millionen Zuschauer erreicht. Doch was macht diesen Film so faszinierend oder, je nach Blickwinkel, enttäuschend? Schauen wir uns das an.
In jedem Kulturgut, das einen Popstar in Szene setzt, liegt die Gefahr, dass er eher als Produkt der Industrie denn als Mensch dargestellt wird. Ein Spiel der Agendas, wenn man so will. Neymar ist ein Weltstar, der nicht nur wegen seiner Ballkünste, sondern auch durch seine medienträchtige Persönlichkeit auffällt. Und genau da setzt der Film an. Gezeigt wird Neymar als unantastbarer Genius, der die Welt zu seinen Füßen hat – oder sie zumindest glaubt, zu haben. Was klar wird: Der Film schafft wenig Platz für Kritik. Die Fußstapfen sind breit, aber sie laufen sehr sorgfältig am Rand der Realität.
Der Dokumentarfilm bietet zwar erhellende Einblicke in Neymars Privatleben, seine Erziehung in Brasilien und den kometenhaften Aufstieg in die Welt des professionellen Fußballs, doch es wird schnell klar, dass er auch als PR-Mechanismus der Superlative konzipiert ist. Er eignet sich perfekt für jene, die stets auf der Suche nach der nächsten Starkultfixierung sind. Der Film ist ein Paradebeispiel dafür, wie in unserer modernen Zeit die Wahrheit oft überstrahlt wird von einem durchsichtigen Glamour-Schild. Kritische Auseinandersetzungen? Fehlanzeige!
Die Regisseure derartige Dokumentationen haben oft die schwierige Aufgabe, eine gerechte Balance zu finden zwischen Lobeshymnen und aufschlussreichen Einblicken. Man könnte meinen, dass dies hier zugunsten reiner Verehrung ausfällt. Kritische Aspekte seiner Karriere, wie Colorados legendäre Schwalben oder seine medienscheuen Ausfälle, werden nur dezent gestreift. Es ist keine Predigt der Moral, die man ohnehin im Wahlkampfstil sucht. Ein gut inszeniertes Spektakel ja, aber Realität? Man muss das skeptisch betrachten.
Betrachten wir das Phänomen Neymar weiter. Ja, er ist ein herausragender Spieler. Ja, seine Leistungen gehören in die Sportgeschichte. Aber dass der Film ihn in einem unkritischen Sonnenlicht zeigt, bewahrt ihn vor einer intensiveren Bewertung seiner Persönlichkeit. Vielleicht könnte es für einige als ein taktischer Schachzug erachtet werden, um die jüngeren Generationen weiterhin zu inspirieren, und für den ein oder anderen Kritiker mag es den Charakter einer gezielte Agenda haben. Aber da ist natürlich das Problem: In einem Zeitalter unzähliger Informationen ist es eine verpasste Chance, nicht einen differenzierten Blick auf eine so kontroverse Persönlichkeit zu werfen.
Inmitten der glorifizierenden Darstellung von Neymars Karriereaktivitäten und seinem extravagantem Lifestyle, offenbart sich der Film als eine Art opulente Chronik des modernen Starkults. Der Höhepunkt eines perfekten Marketingschrubens. Der Fokus auf seine Stärke und seinen Erfolg entzieht sich der Tatsache, dass kontroverse Momente in seiner Karriere durchaus zu erkennen sind, auch wenn sie hier im Schatten verbleiben. Nein, dieser Streifen mag jeden Werbefachmann an den Start bringen, aber er bietet wenig für jene, die Tiefergehendes erwarten als eine ewig strahlende Blaupause. Kurz gesagt, ein Bild, das genießerisch auf den Beifall zielt und dabei den kritischen Blick auf sich selbst vergisst.
Und so bleibt ein Film, der mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass eine solch einseitige Dokumentation letztendlich zur kulturellen Konsumware degradiert wird. Wem sie nützt, sei dahingestellt. Dennoch ist der Film ein Beispiel dafür, wie schnell Geschichte geschrieben wird, die tragischerweise nur eine halbe Geschichte ist.
Am Ende gibt es zwei Lager: Die, die Neymar lobpreisen, weil sie sich an seinem Talent ergötzen. Und die, die nach dem Aufwand rufen, auch das Zweifelhafte zu beleuchten. Und in einer Welt, die Gleichheit anstrebt, braucht es eben mehr als schillernde Bilder. Wir brauchen Geschichten, die Ehrlichkeit und Kritik vereinen. Vielleicht war der Film auch nur ein Affront gegen diejenigen, die mehr als nur Glanzlicht erwarten. Doch im Einheitsnebel der Unterhaltung bleiben die Stimmen der Kritik ungehört.