Wussten Sie, dass "Neue Abenteuer von Alice" eigentlich keine Fortsetzung von Lewis Carrolls klassischen Erzählungen ist? Kein Lewis Carroll, kein Wunderland, so könnte man meinen. Ursprünglich 1911 veröffentlicht, von der wohl weniger bekannten Autorin Anna M. Richards, erzählt dieses Buch von einem ganz neuen Abenteuer von Alice, jenseits der bekannten Grenzen. Die Geschichte spielt teils in der fantastischen Welt, aber auch teils in der realen Welt jener Zeit. Für jene, die in nostalgischer Stimmung für guten alten konservativen Erzählstil sind, bietet dieses Werk viel zu entdecken.
Warum dieses Buch wie magnetisierend ist? Es ist ein literarisches Fenster in die Vergangenheit, ohne den Ballast moderner ideologischer Modeerscheinungen. Da gibt es keine Umwege oder unnötigen Aktualisierungen für die politisch Korrekte – ja, es ist eine erfrischende Abkehr von unseren modernen Buchclubs, wo die Liste der zu boykottierenden Schriftsteller immer länger wird. Hier gibt es keine verdrehten Gender-Statements, sondern einfach eine Geschichte als Geschichte erzählt wird.
Jetzt könnte man meinen, dass das Fehlen einer feministischen Linse oder einer Klärung der genderneutralen Pronomen dieses Werk abwertet. Aber genau das ist es ja: Es ignoriert die Flut politisch korrekter Vorwände, die viele heutige Leser mit Diskursen überschwemmen. Warum nicht einfach mal durchatmen und ein Buch genießen, ohne danach eine Analyse schreiben zu müssen, ob es auch alle aktuellen sozialen Bewegungen unterstützt?
Richards' Alice ist zuweilen schelmisch, charismatisch und vor allem unverfälscht. Sie ist eine Heldin, die nicht ständig auf ihrer Resilienz herumreiten muss. Stattdessen haben wir eine Hauptfigur, die in einer Welt voller Wunder nicht über die Feinheiten der sozialen Gerechtigkeit oder den derzeitigen politischen Diskurs nachdenkt. Es ist eine fantastische Flucht in eine Welt, in der sich die Menschen nicht ansatzweise die Gedanken machen mussten, die wir heute aufgezwungen bekommen.
Vielleicht dürfte man meinen, Richards' Werk sei ein bloßer Klon der Carrollschen Geschichten. Doch das wäre ein fatales Missverständnis. "Neue Abenteuer von Alice" ist stolzem klar konservativem Funken. Ein Licht am Ende des Tunnels für Leser, die einer zunehmenden Homogenität in der literarischen Welt entfliehen wollen.
Und ist es Zufall, dass dies von einer Autorin stammt, die außerhalb der politisch und wirtschaftlich linken Dunstkreise des modernen Zeitgeists schrieb? Keineswegs. In einer Zeit, wo viele Werke durch eine anderen Rahmen betrachtet werden, bleibt Richards' Buch einem klassischen, bodenständigen Erzählen treu.
Jene, die argumentieren könnten, dass die Abwesenheit von aktuellen sozialen Themen im Buch es irrelevant macht, übersehen den Genuss des puren Storytellings. Wir leben in einer Zeit, in der Geschichten oft mehr dazu da sind, um eine Lektion über unser modernes Verständnis von Richtigkeit zu präsentieren, als uns einfach nur zu unterhalten und zu faszinieren.
Während viele sich bemühen, die Literatur den gegenwärtigen politischen und sozialen Normen anzupassen – und hierin die Kunst als Werkzeug für Veränderungen sehen – gibt "Neue Abenteuer von Alice" einen erneuerten Anstoß, die Kunst und das Geschichtenerzählen einfach wegen ihrer Schönheit zu schätzen. Wer hätte gedacht, dass eine Geschichte über ein Mädchen im Wunderland so stark Debatten über die Toss-und-dreh-Politiken auslösen würde?
Im Kern stellt Richards' Werk eine Einladung zur Reflektion über den Wert traditioneller Erzählungen und außergewöhnlich kreativer Naivität dar. So ruft dieses literarische Mauerblümchen uns dazu auf, die Simplizität, sowie die Ehrfurcht vor Geschichten zu feiern, die nichts weiter wollen, als uns zu unterhalten. Das ist eine Freude, die Medien heute so selten bieten.
Wenn Sie also das nächste Mal beim Stöbern ein Buch übersehen, weil es nicht dem modernen "liberalen" Narrativ entspricht, bedenken Sie: Geschichten wie "Neue Abenteuer von Alice" bieten mehr als nur zwanghafte Aktualität. Sie zeigen uns, wie weit wir in puncto Geschichtenerzählen gekommen sind, während sie uns gleichzeitig an die wunderbaren, manchmal wild unkontrollierten Anfänge der Literatur erinnern.