Wer glaubt, die Kindheit sollte nur aus Zuckerwatte und Regenbögen bestehen, hat vermutlich noch nie von Natalia Zabila gehört. Diese bemerkenswerte Frau verfasste dutzende Kinderbücher, die in der Sowjetunion populär waren, und das zu einer Zeit und an einem Ort, an dem Literatur nicht nur Unterhaltungs-, sondern auch Propagandamaterial sein konnte. Natalia Zabila, geboren 1903 in Kiew, schuf Geschichten, die die Jungen und Mädchen jener Tage in die wunderbare wie seltsame Welt ihrer Fantasie entführten.
Zabila begann ihre literarische Karriere in den turbulenten Jahren der 1920er-Jahre. Ihre Werke reflektierten oft die Ideale des aufkommenden sozialistischen Staates. Dabei war sie nicht nur eine passive „Künstlerin im Dienst des Staates“, sondern formte aktiv das Bild der sowjetischen Kinderliteratur. Ihr 1962 erschienenes Buch „Das Märchen von der goldenen Mähne“ ist ein Paradebeispiel. In dieser Geschichte spiegeln Themen wie Freundschaft und Loyalität den ideologischen Rahmen wider, der die Entwicklung des sowjetischen Menschen fördern sollte.
Dabei zeichnen sich Zabilas Werke durch eine erstaunliche sprachliche Schönheit und tiefe emotionale Resonanz aus. Sie verstand es meisterhaft, kindliche Erlebnisse in einer Art zu schildern, die nicht nur junge Leser, sondern oft auch ihre Eltern in den Bann zog. Ihre Fähigkeit, Alltagsbeobachtungen in faszinierende Erzählungen zu wandeln, machte sie zu einer Favoritin vieler Familien.
Ein interessanter Aspekt ihrer Bücher ist die Einbindung von traditionellen ukrainischen Folkloreelementen. So zeigt uns Zabila auf ihre Weise, wie Kultur und Nationalität auch in einem sozialistischen Einheitsstaat eine Wichtigkeit beibehalten können. Dies mag für einige Literaturkritiker überraschend sein, vor allem für jene, die überzeugt sind, dass Nationalstolz ein Relikt der Vergangenheit ist.
Zabilas Schreibstil ist geprägt von der Klarheit und Präzision, die eine starke ideologische Unterströmung subtil mit poetischen Mitteln darstellt. Sie verstand es, die Anforderungen und Werte des Staates in ihre Erzählungen einzubinden, ohne dabei den Zauber und die kindliche Unbeschwertheit ihrer Geschichten zu gefährden. Ihre Bücher dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern auch als Erziehungsinstrument, was in der heutigen Zeit mit Sicherheit auf Kritik stoßen würde von einer Menge, die in allem den Beelzebub der staatlich gelenkten Erziehung sieht.
Obwohl ihre Schriften im Westen weniger bekannt sind, könnten einige der liberal Gesinnten eine interessante Lektion daraus lernen, wie man Werte und Ideale elegant in Erzählungen verpackt. Ihre Geschichten waren kraftvoll, nicht weil sie laut schreiend politische Botschaften vermittelten, sondern weil sie still und mit Nachdruck die Ideale einer hassliebenden Erwachsenengesellschaft transportierten.
Die Verfasserin ist in Russland und anderen postsowjetischen Staaten immer noch weit verbreitet. Kinder wachsen mit ihren Geschichten auf, die von talentierten Künstlern in Bildern zum Leben erweckt wurden. Diese Bücher wirken wie eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, zwischen traditionellen Werten und modernen Anforderungen.
Natalia Zabila starb 1985, aber ihre Werke leben weiter. Sie hinterlässt ein literarisches Erbe, das Fragen über den Einfluss von Ideologie auf Kinderliteratur aufwirft. Ihre Arbeiten zeigen, wie es möglich ist, mit der richtigen Balance von Phantasie und Realität eine generationenübergreifende Wirkung zu erzielen.
Während einige ihre Werke als zu sehr ideologisch geprägt kritisieren könnten, zeigen sie eben nur, dass Literatur und Realität manchmal einem höheren Zweck dienen können, und dass erhobene Ziele durch Erzählkunst kommuniziert und durch Kinder verstanden werden können. Unsere liberale Elite könnte manchmal ruhig wieder mehr Bücher wie jene von Zabila in die Hand nehmen: Geschichten, die nicht nur die Fantasie ansprechen, sondern auch Verantwortung und Werte vermitteln.