Die MTV Video Music Awards, die seit 1984 alljährlich in den USA stattfinden, sind bekannt dafür, über die Jahre von einem prestigeträchtigen Musik-Event zu einem Spiegelbild des gesellschaftlichen Wandels zu mutieren. Wer hätte gedacht, dass eine Veranstaltung, die ursprünglich geschaffen wurde, um Musikvideos zu ehren, zur Bühne politischer Statements und fragwürdiger Modetrends werden würde? Man könnte beinahe glauben, dass die VMAs mittlerweile mehr mit Selbstdarstellung als mit wirklicher Musikkunst zu tun haben. Ob New York, Los Angeles oder Miami – das Event bietet mehr als genug Stoff für Kontroversen.
An erster Stelle steht der offensichtliche Wertewandel. War es früher die Musik, die im Mittelpunkt stand, so scheint heute die Bühne den endlosen Monologen gesellschaftspolitischer Aussagen zu gehören. Einst drehte sich alles um die besten Künstler und ihre wegweisenden Arbeiten, heute jedoch ist der provokative Auftritt manchmal wichtiger als die eigentliche Musikleistung. Diese Entwicklung spricht Bände über die Veränderungen der Popkultur.
Heiß diskutiert wird auch immer wieder die Kleiderordnung – oder deren Fehlen. Es scheint, als wären die Stars mehr daran interessiert, auf den Skandalseiten der Boulevardblätter zu landen als arbeiten zu lassen, um die Kritiker zu überzeugen. Wer trägt das gewagteste Outfit? Wer sorgt für den nächsten großen Aufreger? Diese Fragen dominieren die Awards fast so sehr wie die eigentlichen Preisträger. Ein Paradebeispiel, wie viel Aufmerksamkeit einfache visuelle Provokationen erreichen können.
Es gibt jedoch eine tiefere Ebene hinter all der Fassade von Glanz und Glamour. Die Veranstaltung ist ein cleverer Balanceakt zwischen Geschäft und Unterhaltung. Doch verdeckt dieses blendende Showbusiness die eigentliche Frage: Wo bleibt die musikalische Substanz? Häufig geht die Kamera nicht mehr auf die Darstellung musikalischen Könnens, sondern auf den schrillen Auftritt und all die Künstlichkeit. Hier zeigt sich, dass ein ansprechendes Musikvideo bei den VMAs immer mehr an Gewicht verliert gegenüber einer polarisierenden Show, die in Erinnerung bleibt.
Doch die VMAs sind nach wie vor ein bedeutender Eingang in die Mainstream-Kultur. Es gibt immer noch Momente des intensiven kreativen Ausdrucks in einer sonst grellen Welt des Massenkonsums. Die Künstler bedienen sich der großen Bühne, um ihre Statements abzugeben, doch oft bleibt wenig von der künstlerischen Aussage konkret hängen.
Fragen wir doch mal, ob bei alledem der künstlerische Wert auf der Strecke bleibt? Oder brauchen wir etwa diese Art von Inszenierung, um in der heutigen, informationsüberladenen Welt überhaupt beachtet zu werden? Während es so wirkt, dass viele Magie in auftreten auf der Bühne verloren gegangen ist, scheint das Gesamtpaket aus Unterhaltung, Fashion, und Botschaft immer mehr zum höchsten Gut zu avancieren.
Während Künstler wie Madonna oder Michael Jackson in der Vergangenheit für revolutionäre Momente in der Musik gesorgt haben, sieht man heute, wie schnell der Hype verebbt, wenn keine nachhaltig beeindruckende kreative Äußerung hinter dem Auftritt steht. Die Problemstellung bleibt, ob die MTV Video Music Awards wieder zu einem Ort werden können, an dem nicht die schrillste Show, sondern die beste musikalische Leistung den Ton angibt.
Es bleibt zu beobachten, ob wir je zu einem Zeitvertreib via MTV zurückfinden, das pure musikalische Kreativität über bloße Profilierung stellt oder die Awards weiterhin eine Plattform für aufmerksamkeitshungrige Standpunktvertreter bleiben. Natürlich lieben viele den Trubel, die Glitzergarderoben und die unerwarteten Überraschungen, doch wer erinnert sich am Ende noch wirklich an die Musik?
In einer Zeit, in der die Vogelvieh doppelten Sinn und substanzlose Unterhaltung über ihre selbstgerechten Maßstäbe erhebt, gewinnen solche Events auch noch eine andere Bedeutung. Sie demonstrieren, wie wenig die Entwicklung der VMAs noch mit deren Ursprung zu tun hat. Während die linke Seite des politischen Spektrums die bunte Oberfläche feiert, fragen sich konservative Köpfe, ob man vor lauter Attitüde und Glamourdarbietung das eigentliche Anliegen nicht längst aus den Augen verloren hat.