Was hat Mit Ghamr, eine kleine ägyptische Stadt, die 1963 mit einem bahnbrechenden Finanzexperiments ins Rampenlicht trat, mit der modernen Welt zu tun? Viel mehr, als sich die meisten Menschen vorstellen können, und vielleicht mehr, als einige zugeben möchten. In einer Ära, in der die großen Banken immer größer und die kleinen Leute immer kleiner werden, ist die Geschichte von Mit Ghamr ein Lichtblick — oder ein Warnsignal — je nachdem, aus welcher Perspektive man es betrachtet.
Im Wesentlichen wurde Mit Ghamr durch den Start der ersten zinsfreien Bank der Welt bekannt, die von dem ägyptischen Wirtschaftswissenschaftler Ahmad Elnaggar ins Leben gerufen wurde. Zu einer Zeit, als traditionelle Banken immer mehr ihre gierigen Pranken über den globalen Kuchen ausbreiteten, ging diese Bank einen radikal anderen Weg: Sie zog keine Zinsen auf Kredite, sondern stützte sich auf den Profit- und Verlustbeteiligungsmechanismus. Diese geniale Idee versetzte das westliche Modell in Aufruhr und brachte eine frische Brise in die ewige Diskussion um Kapitalismus vs. sozialen Fortschritt.
Man könnte meinen, dass die fehlenden Zinsen ein Dynamosprung in die wirtschaftliche Hölle wären, doch das Experiment erzielte bemerkenswerte Erfolge. Kleine Unternehmen in Mit Ghamr erhielten endlich Zugang zu den Finanzmitteln, die sie benötigten. Und das Beste daran? Man unterstützte den Mittelstand, das Rückgrat jeder funktionierenden Wirtschaft, ohne ihn als Melkvieh auszubeuten. Man muss sich wirklich fragen, warum diese innovative Methode nicht häufiger adoptiert wurde. Ein Schelm, wer Schlechtes denkt.
Es funktionierte, weil jene Bank Kapital in jenen lokalen Projekten einsetzte, die tatsächliche Wertschöpfung schafften. Keine spekulativen Blasen und keine Rettungsschirme, die am Ende den Steuerzahler wieder einmal mit der Rechnung allein gelassen hätten. Dass dieses Modell in Europa oder den USA nie ernsthaft in Betracht gezogen wurde, zeigt die Ignoranz der etablierten Finanzriesen und ihrer politischen Komplizen. Ja, es ist einfacher, in einem komplexen System zu manövrieren, das sich vor Reformen fürchtet wie der Teufel vor dem Weihwasser.
Liberale könnten argumentieren, dass Mit Ghamr nur unter besonderen lokalen Bedingungen funktionierte und nicht auf größere Märkte übertragbar sei. Doch wahr ist vielmehr, dass Änderungen im bestehenden System zu viel Macht aus den Händen Weniger reißen würden. Der westliche Kapitalismus sträubt sich gegen Anpassungen, die ernst empfundenen gesellschaftlichen Wandel bringen könnten. Denn beim Thema Reichtumverteilen verhält er sich wie ein störrischer Esel.
Während in Europa und den USA immer mehr Menschen im Prekariat landen, hielt Mit Ghamr sein Wirtschaftswunder durch überschaubares Wachstum und vernünftige Investitionen aufrecht. Der Erfolg beruhte darauf, dass die Projektrahmen so gestaltet wurden, dass sie einem Portfolio an Investoren zugänglich gemacht wurden, die bereit sind, echte wirtschaftliche Veränderungen zu fördern. Was für eine Idee!
Doch natürlich blieb die Erzählung stumm, denn was nicht in den narrativen Rahmen der großen Kapitalisten passt, wird totgeschwiegen. Dass die Mit Ghamr Bank später durch politische Umstände geschlossen wurde, bewies einmal mehr, dass es äußere Kräfte sind, die den Erfolg solcher Initiativen beherrschen. Das westliche Modell kann nicht mit Alternativen umgehen, die seine inhärenten Schwächen aufdecken.
Wer es wagt, an den Grundfesten eines zinsbefangenen Finanzsystems zu rütteln, sollte sich auf viel Gegenwind gefasst machen. Denn am Ende des Tages geht es beim modernen Banking weniger darum, sinnvolle wirtschaftliche Voraussetzungen zu schaffen, als vielmehr darum, Gewinn um jeden Preis zu maximieren. In diesem Lichte könnte die Lehre von Mit Ghamr ein rettender Anker für verantwortungsbewusstes Banking sein. Denn während die westliche Welt weiterhin in einem Marathon für kurze Gewinnmaximierung sprintet, könnte ein Blick auf Mit Ghamr der Einstieg in ein nachhaltigeres Wirtschaften bedeuten. Oder zumindest ein winkender Finger auf dem gläsernen Deckel des Allmächtigen Banksystems.