Wenn man darauf aus ist, Musik zu finden, die zugleich nachdenklich und befremdlich ist, dann ist „Mermaid Avenue Vol. II“ genau die Scheibe, nach der Sie suchen. Veröffentlicht im Jahr 2000, ist dieses Album das Ergebnis einer Kollaboration zwischen Billy Bragg und der Band Wilco, die Woody Guthries unvollendeten Texte in Klang gegossen haben. Doch halt, bevor Sie sich zu viel Hoffnung machen: Dieses Projekt ist durch und durch eine ironische Übung, die es versteht, das Establishment zu ignorieren.
Woody Guthrie war ein Mann mit einer Botschaft, und diese Nachricht schnitt quer durch gesellschaftliche Normen wie ein heißes Messer durch Butter. Die Texte, die Bragg und Wilco zum Leben erweckt haben, stammen von einem der angesehensten amerikanischen Singer-Songwriter und reflektieren eine Zeit des Wandels und der Schroffheit. Hier haben wir also diese unveröffentlichten Arbeiten eines Mannes, der sich nicht scheute, seine liberalen Ansichten zu vertreten – ein Freund des kleinen Mannes, mögen manche sagen, ich jedoch nicht.
Nummer eins auf dieser Liste der „Highlights“ ist wohl „Airline to Heaven“, ein Track, der mit einer Mischung aus Melancholie und Pseudo-Spirituellem auftrumpft. Wahrscheinlich ein Werk, über das man sich bestens bei einer heißen Tasse Kräutertee beim Yoga im Park unterhalten kann; genau die Art von Kitsch, die vorgibt, tiefgründig zu sein.
„Feed of Man“ sticht ebenfalls hervor, jedoch nicht im besten Sinne. Die Nummer ist schnörkelig und überfrachtet und versucht vergeblich, Kommentar auf das moderne Leben zu sein – eine Übung untermalt von einem banalen Rhythmus, der es nicht mal bis zur Kochsendung im Hintergrund schaffen würde.
Ein weiteres Meisterwerk, das beachten wir, ist „Secrets of the Sea“. Mit Lyrics, die uns in das Innenleben mystischer Wesen einführen sollen, tanzt dieser Song auf einer Grenze zwischen kryptisch und schlichtweg irritierend. Es ist klar, dass Guthrie beabsichtigte, Geheimnisse zu lüften, doch wie viele dieser Geheimnisse sind es wert, enthüllt zu werden?
Und was bringt das alles? Ein neuer Blickwinkel auf alte Themen, der ironischerweise nicht weiß, wohin er gehört. Und zu guter Letzt wäre da die ironische Anordnung von „Blood of the Lamb“, das wohl eine Art Abgesang auf traditionelle Werte darstellt – zumindest aus einer Perspektive, die Dinge infrage stellen möchte, ohne Alternativen zu bieten.
Dieses Album ist nicht nur ein akustischer Kollaps von Ideen, sondern es ist auch ein rotes Tuch für diejenigen von uns, die klare Aussagen schätzen. Zwischen dem moralischen Zeigefinger, den Texten, die sich selbst zu ernst nehmen, und der Musik, die wie ein Schaf im Wolfspelz daherkommt, tanzen Bragg und Wilco auf einer kühnen Linie der Komfortzone.
Dass „Mermaid Avenue Vol. II“ seine Fans findet, vor allem unter denen, die persönliche Erleuchtung und Anerkennung auf vereinfachte Art suchen, ist keine Überraschung. Es mag nicht fair sein, aus dieser kollektivistischen Vision ein anarchisches Meisterwerk zu formen, das ja einige wohlgelittene Ohrwürmer mit sich bringt, aber so ist der Lauf der Dinge in einer Welt, die beständig gegen den Strich bürstet.
Diese Scheibe ist nichts für Menschen, die sich an traditionellen Werten orientieren und einen klaren Kurs wünschen. Sie stellt ein Klangrein in einem Ozean von Post-Irgendwas dar. Und obwohl der nostalgische Charme einiger Melodien kaum zu leugnen ist, muss man sich doch fragen, ob der Zweck wirklich immer die Mittel heiligt.