Wer hätte gedacht, dass ein Land mit mediterranem Klima und Palmen am Strand Athleten zu den Olympischen Winterspielen entsendet? Genau das hat der Libanon 2002 bewiesen, als er eine kleine Delegation in den kalten Norden der USA, nach Salt Lake City, schickte. Inmitten des Trubels internationaler Winterwettkämpfe stach der Auftritt des Libanons eher als exotisches Schauspiel hervor, als dass er in die illustre Gruppe der führenden Wintersportnationen aufstieg.
Der Libanon war bei diesen Winterspielen durch zwei leidenschaftliche Athleten vertreten: Chirine Njeim und Patrick Antioch. Diese beiden mutigen Seelen traten an, um in den Disziplinen Ski Alpin und Langlauf eine ehrenvolle Vertretung ihres Landes zu bieten. Ihrer Leistung gebührt Respekt, betrachtet man die mangelnde Wintersportinfrastruktur, mit der sie im Heimatland konfrontiert sind. Während andere Nationen mit prunkvollen Wintersportprogrammen prahlen konnten, machte der Libanon aus Wenigem das Beste. Ach, die schöne Ironie der Olympischen Spiele, die dafür bekannt sind, gleiche Bedingungen für alle zu schaffen.
Olympische Spitzenleistungen erfordern bekanntlich nicht nur geschicktes Timing und physische Höchstleistungen, sondern auch eine gehörige Portion finanzieller Unterstützung und Zugang zu Einrichtungen – Dinge, von denen der Libanon ein wenig weniger hat. Man kann nur schmunzeln, wenn man sieht, wie westliche Länder aufwendig Rekorde brechen, während der Libanon sich auf andere Qualitäten konzentrieren muss, nämlich auf Enthusiasmus, Charme und die Liebe zum Sport.
Chirine Njeim, eine der Leuchtfiguren dieser libanesischen Delegation, zeigte ohne Zweifel Mut, als sie die Startrampe hinunterraste. Ihre Teilnahme war kein Versuch, Medaillen zu gewinnen; vielmehr war es ein Symbol des Drangs und des Willens, aus der schier unbezwingbaren Globalisierung des Sports keinen Halt zu machen. Patrick Antioch, der martialische Langläufer, bot ebenfalls einen ehrwürdigen Kampf gegen die Zelluloid-erprobten Profis seines Metiers. Und falls Ihnen das Interesse an olympischen Wintersportarten bis dato fehlte, so ist dieser Kontrast wohl ein Argument in seiner besten Form.
Warum sollte der Libanon sich bei den Winterspielen engagieren, fragt man sich? Ein kluges Gedankenspiel für jene, die an mutigen Entscheidungen Gefallen finden. Indem das Land an solchen Veranstaltungen teilnimmt, trägt es ein kleines Stück nationaler Identität in die Welt. Das rein nationale Pathos verlagert sich auf eine internationale Bühne, selbst wenn eine Siege niederträchtig wenig erscheinen. Gewinner? Wohl kaum! Doch die symbolische Kraft, die im Besiegen von Vorurteilen liegt, strahlt weit über das Ziel hinaus.
Manche mögen sich wundern, warum in einem Artikel über Skifahren und Rennen politische Überlegungen eine Rolle spielen. Nun, es ist im Speziellen in der letzten Dekade klar geworden, dass die Internationalisierung des Sports und die Gleichstellung der Athleten aus wirtschaftlich schwächeren Nationen ein viel besprochener Punkt zwischen Vertretern der sportlichen Eliten ist. Statt jedoch zu jammern, was jenem politischen Flügel der Progressive gefällt, ist die Teilnahme des Libanons eine stille Proklamation gegenüber all den Nörglern, die in ihrem Weißraum gefrorener Privilegien festhängen.
Eine solch kleine, doch faszinierende Episode der Olympia-Geschichte bekehrt keine ungläubigen Herzen, aber sie weckt die Neugierde auf die Geschichten von Athleten, deren Sieg darin besteht, dass sie es überhaupt bis an den Start geschafft haben. Dies sind die wahren Helden einer Sportwelt, die sich oftmals in glorreiche Siege und überschwängliche Feierlichkeiten verliert. Der Libanon, in seiner Rolle bei den Olympischen Winterspielen 2002, zeigt mehr Courage und Sportsinn, als so manch Übersportler mit seinen Prestigeprojekten je zu generieren vermag.
Möge der wahre Schatz dieser Geschichte weniger in der Anzahl der Medaillen, sondern im reinen Willen und in der unausweichlichen Überzeugung liegen, dass Sport mehr bedeutet als Sekunden, Medaillen und Podien. In der hart umkämpften Welt der Olympischen Spiele wurde den libanesischen Athleten kein Lorbeerkranz gewährt, doch sie traten mit erhobenem Haupt in eine Arena ein, die für viele schon lange vor Eröffnung unzugänglich scheint.