Kamal Salibi: Der Historiker, der die Geschichtswelt erschütterte

Kamal Salibi: Der Historiker, der die Geschichtswelt erschütterte

Kamal Salibi, ein libanesischer Historiker, erschütterte die Geschichtswelt mit kühnen Theorien, die traditionelle biblische Annahmen in Frage stellten.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Wenn Geschichte das größte Mysterium der Menschheit ist, dann ist Kamal Salibi sicherlich einer der gewagtesten Detektive unserer Zeit. Kamal Salibi war ein libanesischer Historiker, der die Welt der Geschichtsschreibung von den 1970er Jahren bis zu seinem Tod 2011 mit seinen provokativen Thesen aufrüttelte. Er wurde am 2. Mai 1929 in Beirut geboren und verfasste mehrere Bücher über die Geschichte des Nahen Ostens, die nicht nur sein Heimatland, sondern die gesamte Historikergemeinde in Aufruhr versetzten.

Salibis berühmtestes Werk ist zweifelsohne "The Bible Came from Arabia" (1985), in dem er behauptet, dass die in der Bibel beschriebenen Orte nicht im heutigen Israel, sondern im westlichen Teil der Arabischen Halbinsel liegen. Diese kühne Theorie hat viele Gemüter erhitzt und die traditionellen Vorstellungen der biblischen Geographie in Frage gestellt. Salibi argumentierte, dass Archeologen keine Spuren der alten israelitischen Königreiche in Israel finden konnten, weil sie an der falschen Stelle suchten. Stattdessen solle man in Saudi-Arabien suchen. Diese These hat ihn schnell zu einer Reizfigur gemacht.

Die Vorstellung, dass Jerusalem nicht da liegt, wo jeder denkt, sondern in einer anderen Region, das brachte viele selbsternannte Experten auf die Barrikaden. Doch Salibi störte sich nicht an den wütenden Kommentaren, keine Sekunde. Sein Ansatz war kühn und intellektuell anregend und forderte etablierte Perspektiven heraus, indem er neue Forschungsperspektiven eröffnete. In seiner Welt war Geschichte nicht in Stein gemeißelt, sondern ein lebendiges, sich ständig weiterentwickelndes Puzzle.

Natürlich war Kamal Salibi auch deswegen umstritten, weil er gegen den Strich bürstete. Seine Ideen passten nicht in die Schablone der etablierten Geschichtsschreibung, die viele Fakultäten an Universitäten verteidigen. Für Salibi war klar, dass Geschichte nicht nur auf alten Annahmen beruht. Er glaubte an einen wissenschaftlichen Zugang, bei dem Beweise zählen, nicht bloße Traditionen.

Zweifelsohne hat Salibis Arbeit eine Vielzahl von Diskussionen ausgelöst – von öffentlichen Debatten bis hin zu entrüsteten wissenschaftlichen Papieren – die seine Theorien als pure Spekulation abtun wollten. Doch Hinweise auf Übereinstimmungen zwischen biblischen Geschichten und der arabischen Topographie ließen sich nicht einfach ignorieren.

Man könnte meinen, dass solche kontroversen Thesen einem Historiker im späteren Leben die Karriere verbauen könnten. Doch nicht Salibi. In typischer Manier intellektueller Sturköpfigkeit ließ er sich trotz der vielen Anfeindungen nicht beirren. Die Frage bleibt dennoch, ob Salibis Theorien politisch motiviert waren oder schlicht das Produkt eines leidenschaftlichen Forschers, der nicht bereit war, den Status quo zu akzeptieren.

Interessanterweise markierte Salibis These über die biblische Geographie auch einen symbolischen Widerstand gegen den westlichen Imperialismus in der Geschichtsschreibung. Viele glauben, dass seine Interpretationen der Bibel als Werkzeug des Widerstands gegen koloniale Geschichtsdeutungen dienten, die nicht nur die Geographie, sondern auch die Kultur des Nahen Ostens marginalisierten.

Sein Leben jenseits der Bibliothek war nicht weniger inspirierend. Salibi unterrichtete in Beirut und wurde 1991 zum Direktor des Royal Institute for Inter-Faith Studies in Amman, Jordanien. Es war seine Rolle als Vermittler zwischen den Kulturen, die einen weiteren Aspekt seines Schaffens darstellte – die Sehnsucht nach einem tieferen Verständnis der komplexen Beziehungen im Nahen Osten.

Salibis historische Abenteuer waren ohne Zweifel das Gegenstück zu seiner politischen und kulturellen Arbeit. Doch vor allem lehrte er uns, dass das, was wir als gegeben annehmen, oft hinterfragt werden muss. Wer immer noch glaubt, dass Geschichte statisch ist, sollte sich von Salibis Abenteuern inspirieren lassen und den Mut fassen, auch mal die kontroversen Fragen zu stellen. Kamal Salibi hat vielleicht einige Gemüter erhitzt, aber eines ist sicher – er hat die Geschichtsschreibung ein Stück weit aufgemischt.