José Gabriel Funes – ein Name, der bei den einen Bewunderung, bei den anderen Unbehagen auslöst. Geboren und aufgewachsen in Córdoba, Argentinien, fand Funes seine Berufung in einer der ältesten wissenschaftlichen Disziplinen: der Astronomie. Er trat 1985 in den Jesuitenorden ein, um seine spirituelle und wissenschaftliche Suche zu verbinden, ein Weg, den sicher nicht jeder beschreiten und verstehen kann. Im Jahre 2006 landete er dann auf einer Position, die wohl die kühnsten Leute erstaunen lässt: dem Direktor der Vatikan-Sternwarte. Ja, richtig gehört - ein Ort, wo man himmlische Geheimnisse enträtselt, nicht als Ungläubige, sondern immer mit einem Auge auf das Göttliche.
Doch warum ist eine Figur wie Funes so umstritten? Ganz einfach, sein unkonventioneller Mix aus Wissenschaft und Glaube ist ein Paradebeispiel dafür, dass Rationalität und Spirituelles sich nicht immer wie Öl und Wasser verhalten müssen. Während viele meinen, Wissenschaftler sollten säkular sein und sich nur auf Fakten stützen, zeigt Funes, dass man durchaus an Gott glauben und dennoch ein brillanter Wissenschaftler sein kann. Solche Ansichten bringen bei einigen förmlich das Blut zum Kochen, denn seine Existenz stellt die Gleichung „Glaube minus Wissenschaft gleich Wahrheit“ in Frage.
Nachdem Funes den Jesuitenorden komplett durchlaufen hatte, promovierte er in Astronomie an der Universität von Padua. Er spezialisierte sich dort auf extragalaktische Astronomie, insbesondere auf die Dynamik von Spiralgalaxien, ein Thema, das genug Komplexität mit sich bringt, um jeden Laien zu verwirren. Er erkannte, dass das Universum viel großartiger ist, als es in den Frontseiten der Wissenschaftsmagazine dargestellt wird. Klar wird hier, dass Funes weder einfach gestrickte Antworten auf komplexe Fragen zulässt noch den behaupteten „Kampf“ zwischen Wissenschaft und Religion notwendigerweise akzeptiert.
In der Rolle des Direktors der Vatikanischen Sternwarte hat Funes oft faszinierende, aber polarisierende Ansichten geäußert. Seine berühmte Stellungnahme, dass der Glaube an außerirdisches Leben mit dem Katholizismus vereinbar sei, hat bei so manchem für Stirnrunzeln gesorgt. Es wäre geradezu verheerend für einige, wenn sich herausstellen sollte, dass wir nicht die einzigen intelligenten Wesen im Universum sind. Seine Erklärung, dass auch Aliens Kinder Gottes sein könnten, führt diesen Gedankengang noch weiter und fordert nicht nur das intellektuelle Verständnis, sondern vielleicht auch das theologische heraus.
Ein weiterer Punkt, der Funes auszeichnet, ist sein Einsatz für die Synthese zwischen Religion und Wissenschaft in der Ausbildung. Er ist überzeugt, dass die Neugierde über die unbekannten Weiten des Universums und die Perspektive der Schöpfung Hand in Hand gehen können. In Zeiten, in denen Bildungspläne entworfen werden, die entweder Wissenschaft oder Religion bevorzugen, hat sein holistischer Ansatz sicher einen berechtigenden Platz. Diese Herangehensweise versucht nicht, den einen Bereich über den anderen zu stellen, sondern sieht sie als komplementär.
Für viele ist jedoch die Vorstellung, dass Wissenschaft ohne säkulare Objektivität auskommt, fast schon Blasphemie. Doch gerade darin erkennt Funes die Notwendigkeit einer ausgewogenen Weltsicht. Man kann festhalten, dass er sich gegen jene stemmt, die Wissenschaft einzig zum Götzenbild erheben, denn sein Weg zeigt, dass auch Spiritualität ihren Platz hat.
Man könnte argumentieren, dass Funes' visionäre Ansichten und seine nicht-konfrontative Art der Kommunikation eine dringend benötigte Brücke zwischen verstrittenen Lagern bilden. Er ist kein rückschrittlicher Nostalgiker – nein, obwohl er ein Mann des Glaubens ist, steht er der Forschung aufgeschlossen gegenüber und ignoriert Anzeichen von Fortschritt nicht. Die Beleuchtung der Rolle der Wissenschaft im Kontext von Glauben nimmt einen neuen Platz ein, wenn man Funes' Behandlung dieser Materie betrachtet.
Funes verlangt eine facettenreiche Betrachtung der Welt. Er lehnt dogmatisches Denken in jeder Form ab. Stattdessen fordert er die Menschen heraus, ihre Vorurteile über Wissenschaft und Religion zu gründlich zu überdenken. Und genau hier ist der Punkt, der diejenigen, die felsenfest an der Trennung der beiden Prinzipien festhalten, so erzürnt.
Es ist eben nicht jeder, der sich offen genug zeigt, um zu akzeptieren, dass die Entdeckung neuer Planeten oder Sternen nicht im Widerspruch zur biblischen Schöpfungsgeschichte stehen muss. Doch José Gabriel Funes schafft es, dies in den Raum zu stellen und hält an der Überzeugung fest, dass die Wahrheit nicht monopolisiert werden kann. Vielleicht schreckt es ab, weil er das zeigt, was sein könnte – und das unterscheidet sich oft von dem, was wir zu wissen glauben.