Der ungarische Wirtschaftswissenschaftler János Kornai hinterließ einen bleibenden Eindruck in der Welt der Ökonomie, indem er die Schwächen des Sozialismus aufdeckte. Geboren 1928 in Budapest, erlangte er internationale Bekanntheit mit seiner kritischen Analyse sozialistischer Wirtschaftssysteme. Seine Arbeit ab den 70er Jahren zeigte unmissverständlich auf, warum Planwirtschaften in Ländern wie der Sowjetunion scheiterten und was der Kapitalismus besser machte. Es war an der Zeit, dass jemand die linke Theorie auf den Prüfstand stellte und direkt als fehlerhaft demaskierte, und Kornai tat genau das – er tat es aus dem Herzen des Kommunismus heraus, da er selbst in einer sozialistischen Umwelt aufwuchs und das System von innen kannte.
Wer würde das schon erwarten: Ein Ökonom, der in einem sozialistischen Land lebt, entlarvt nicht nur dessen Fehler, sondern schlägt auch in einem globalen Kontext tiefe Wellen. Kornai zeigte auf, dass Planwirtschaften nicht nur ineffizient, sondern geradezu widersinnig sind. Seine Studien darüber, wie zentralisierte Planungen stets zu Mangel und Verschwendung führten, entlarvten die Utopie eine funktionierende, staatlich kontrollierte Wirtschaft. In seinem einflussreichen Werk „Über Mangel in sozialistischen Wirtschaftssystemen“ analysierte er, wie Planwirtschaften die natürliche Nachfrage unterschätzen und wie ihre Verzerrungen die Produktion lähmen.
Kornai lebte und forschte während des Kalten Krieges, einer Zeit, in der der Konflikt zwischen Ost und West in vollem Gange war. Von seiner Basis in Budapest aus eröffnete er einen frappierenden Dialog über die wirtschaftlichen Unfähigkeiten des Sozialismus. Wer hätte gedacht, dass eine einzelne Stimme solch Macht haben könnte? Seine Theorien gewannen an Bedeutung, genau weil sie realistische Probleme aufzeigten, die allzu viele Politiker nicht sahen oder nicht sehen wollten.
In einer Welt, die von der politischen Linken geprägt war, war Kornai ein Rebell. Die Beobachtungen, die er machte, waren einfach, aber kraftvoll: Unternehmen in sozialistischen Staaten existierten grundlegend anders als ihre kapitalistischen Gegenspieler. Statt Effizienz und Gewinnmaximierung herrschten Ineffizienz und Überschuss. In seiner Metapher über die 'harten Budgetbeschränkungen' kapitalistischer Firmen im Gegensatz zu den 'weichen Budgetbeschränkungen' der sozialistischen Definitionslosigkeit wurde deutlich, dass Wettbewerb und Gewinnstreben nicht negative Eigenschaften, sondern wirtschaftliche Notwendigkeiten sind.
Ein Brief aus der sozialistischen Praxis an die kapitalistische Theorie, könnte man sagen. Kornai hat auch über den Transformationsprozess geschrieben, den Osteuropas Volkswirtschaften nach dem Fall des Eisernen Vorhangs durchlaufen mussten. Dieser schwierige Übergang zur Marktwirtschaft war eine gelebte Herausforderung – genau, weil das plötzliche Fehlen staatlicher Subventionen viele dieser Volkswirtschaften vor ungekannte Herausforderungen stellte.
Man könnte argumentieren, dass Kornai eine Art Wegbereiter für die Welle der marktwirtschaftlichen Reformen war, die nach 1990 über Osteuropa rollte. Seine Arbeit hatte eine Wucht, die sicherstellte, dass politische Entscheider nicht umhin konnten, ihren ideologischen Nebel zu lichten und sich der Realität der Planwirtschaften zu stellen. Eine Realität, die fernab von der utopischen Zukunft lag, die die Sowjets versprochen hatten.
Kornai prangerte das an, was viele damals noch nicht zu sagen wagten: Der Sozialismus, so wie er vom sowjetischen Regime umgesetzt wurde, war nicht nachhaltiger oder sicherer als der Kapitalismus, den er kritisierte – im Gegenteil, er war zum Scheitern verurteilt. Einzigartig an Kornai war auch seine Fähigkeit, in den komplexen, wissenschaftlichen Erörterungen immer noch ein menschliches Gesicht zu zeigen. Seine Erzählungen waren nicht nur Diagramme und Grafiken, sondern gespickt mit Einblicken in das alltägliche Leben hinter dem Eisernen Vorhang und in die normalen, aber beeinträchtigten Menschenschicksale.
Er forderte die Intellektuellen dazu auf, jenseits des Elfenbeinturms zu denken und ihre Komfortzone der staatlichen Planung und Ideologie zu verlassen. Eine solche Haltung stieß nicht bei allen auf Begeisterung. Seine Arbeiten provozierten und zogen eine starke Kritik von der Linken an, die seine Thesen als Angriff auf die Fundamente ihrer ideologischen Grundsätze sahen. Doch Kornai blieb standhaft, was die Qualität und den Einfluss seines Werkes nur weiter hervorhob.
Vielleicht wird sein Werk gerade in unserer heutigen Zeit wieder besonders relevant. In einer Welt, in der immer mehr Staaten zum Staatskapitalismus tendieren und den freien Markt durch staatlichen Interventionismus untergraben, sind Kornai's Theorien mehr als nur Lehrmaterial. Sie sind ein wertvoller Kompass in der aktuellen ökonomischen Diskurse. Da gibt es also keinen Kompromiss: Die Klarheit und die Wucht seiner Kritik sind es wert, in Erinnerung behalten zu werden. János Kornai bleibt ein leuchtendes Beispiel dafür, wie wirtschaftliches Denken und politischer Realitätssinn die Richtung ändern können und müssen.