Italiens Ruhm oder Rüpelauftreten bei den Europameisterschaften 2012?

Italiens Ruhm oder Rüpelauftreten bei den Europameisterschaften 2012?

Italiens Auftritt bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 2012 in Helsinki war voller Drama und Emotionen. Die Athleten lieferten Momente von großer Spannung, aber auch einige, die ein Stirnrunzeln hinterließen.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Man sagt, jemand habe immer etwas zu meckern. Aber wenn es um die Italiener bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 2012 in Helsinki ging, war das meckern durchaus berechtigt. Es gab einige spektakuläre Leistungen und auch ein paar Momente, die weniger beeindruckten. Die Meisterschaften fanden vom 27. Juni bis 1. Juli 2012 statt, und Italien war sicherlich ein Land, das die Aufmerksamkeit auf sich zog - ob alle dieser Aufmerksamkeit schmeichelhaft war, ist eine andere Geschichte.

Zum einen haben die italienischen Athleten gezeigt, dass sie das Zeug zum Spitzenreiter haben. Andrew Howe und seine Gleichgesinnten sorgten im Weitsprung dafür, dass auch die Letzten im Zuschauerraum aufmerksam waren. Der Adrenalinspiegel stieg schneller als ein Ferrari auf der Autobahn. Aber ehe man sich’s versah, stießen die Italiener wieder auf Bodenhaftung. Die Frage ist: Warum passiert so etwas immer wieder?

Die Italiener haben in Helsinki durchaus Medaillen mit nach Hause gebracht und dazu kann man nur gratulieren. Doch sie haben auch eine gewisse Nonchalance an den Tag gelegt, die schon fast einem liberalen Unverständnis gegenüber harter Arbeit gleichkommt. Es gibt viele Geschichten von nicht optimalen Vorbereitungen, von mangelnder Fokussierung auf das Wesentliche. Wäre man zynisch, könnte man sogar meinen, dass es bei dem Wetter und dem Dolce Vita, das die Italiener so lieben, kein Wunder ist, dass man sich mehr um das italienische Äußere als um die sportliche Substanz kümmert.

Die italienische Mannschaft stand im echten Scheinwerferlicht, als die 4x400m Staffel lief. Ein weiterer spannender Moment ließ den Puls beider Fans und Kritiker steigen. Doch der fehlende Teamgeist und vielleicht ein bisschen viel Drama führen dazu, dass man sich fragt, warum Italiener zum richtigen Zeitpunkt nicht einfach liefern können. Da helfen auch keine glamourösen Interviews und Fotos, die mehr an einen Modemagazin-Shoot erinnern als an eine Sportveranstaltung.

Doch man muss den Italienern dennoch eines zugutehalten: Sie stehen für Engagement und Individualismus. In einer Welt, in der so viele im Gleichschritt marschieren, verdienen sie dafür Respekt. Aber Sport ist nun mal ein anderes Terrain, eines, das Teamwork, Konzentration und akribische Vorbereitung erfordert. In all dem Glamour geht häufig die elementare Tatsache unter, dass der Sieg ersportelt, nicht erschlichen werden kann.

Vielleicht ist es dieser Mangel an Pragmatismus, der die Wahrnehmung der italienischen Mannschaft trübt. Denn eben nicht jeder Teilnehmer von 2012 brachte perfekten Wettkampfsgeist auf die Bahn. Während zahlreiche andere Länder beste Resultate ablieferten, holte Italien zwar Medaillen, aber selten die goldene Krone. Warum? Es fehlt einfach die richtige Mischung aus Disziplin und Hingabe. Stattdessen gibt es zu viele Anekdoten über Glanz und Glamour.

Beim Betrachten dieser facettenreichen Dynamik zwischen sportlichem Ehrgeiz und Persönlichkeitskult bleibt die Frage, ob die italienische Mannschaft es schaffen wird, über sich hinauszuwachsen und die goldenen Zeiten der italienischen Leichtathletik zurückzubringen. Vielleicht nicht für die Liberalen, die ständig auf Glanz und Glamour setzen, sondern für die echten Sportfans, die pure Leistung sehen wollen.

Fortschritte und Fehler zusammen betrachtet, bleibt der europäische Leichtathletikzirkus einer der besten Orte, um die Höhen und Tiefen eines Landes sportlichen Einsatz zu analysieren. In Helsinki 2012 zeigte sich Italien als buntes Kaleidoskop von Energie, Charisma, aber auch deutlichen Spannungen. Ein Paradigma, das mehr bietet als nur sportliche Erfolge, sondern auch aufschlussreiche Einsichten in die fröhliche und manchmal frustrierende Natur der italienischen Seele.