Was passiert, wenn eine Band ihre religiöse Abstinenz in Klänge verpackt? Das deutsche Hexenhaus der Musik, auch bekannt als die Band Moonspell, ging 1996 genau dieser Frage in ihrem legendären Album Irreligiös auf den Grund. Dieses Album erblickte das Licht der Welt inmitten der hitzigen Diskussionen um die Trennung von Kirche und Staat und beleuchtet, warum wir weniger himmlische Harmonien und mehr irdische Klänge benötigen. Mit einer Mischung aus Gothic und portuguiesischem Metal führte Irreligiös die Hörer auf eine dunkle Reise zur Fragwürdigkeit organisierter Religionen.
Man könnte sagen, Moonspell hat mit diesem Album ein Soundtrack für die Rebellen dieses Planeten geschaffen. Irreligiös packt die Fantasie, angereichert mit vokalen Growls und rhythmischen Gitarrenriffs. Melancholie und Melodie sind das Gebot der Stunde. Der Opener "Opium" deutet schon hier an, was kommen wird: ein Angriff auf gesellschaftliche Konventionen. Überraschend, dass das Album nicht gleich auf dem Index gelandet ist. Doch, die Kunst lässt sich nicht so leicht einsperren, wie einige es gerne hätten.
Eines der Highlights ist sicherlich "Raven Claws", ein Song, der nicht mit Anti-Romantik und Gothic-Aura spart. In einer Zeit, in der die Menschen nach Antworten suchten, liefert Moonspell Fragen, die weit tiefgründiger sind als alle Predigten zusammen. Kein Wunder, dass dieser Track in den dunklen Ecken der Jugendkultur wie eine Klammer das Gefühl von Andersartigkeit zusammenhält.
Machen wir uns nichts vor: Irreligiös ist eine offensive Geste gegenüber der Mainstream-Kultur. Moonspell feilt an den musikalischen Grenzen und ignoriert die Vorschriften der Tugend, während sie uns musikalisch in die Abgründe der menschlichen Existenz ziehen. Wer sich ernsthaft fragt, warum dieses Album relevant ist, der hat wohl den größeren Diskurs um Freiheit und Identität verschlafen.
Erwähnenswert ist auch "Herr Spiegelmann", ein Titel, der mit erzählerischen Texten zu einer persönlichen Reflexionsfläche wird. Anstatt in den Moralapostel-Modus zu wechseln, konfrontiert uns die Band mit einem Spiegel der Selbsterkenntnis. Ein wahrer Augenöffner für jene, die ihre Denkweise hinterfragen oder sogar erstmals wirklich definieren wollen.
Kommen wir zur wohl zynischsten Liebe auf dem Album, "Mephisto". Dies könnte leicht einer der provokativsten Tracks in der Gemeinde der frommen Moralwächter sein. Hier wird der Tanz mit dem Teufel nicht als sündhaft inszeniert, sondern als natürliche Folge menschlicher Neugier und Verlangen. Ein gefundenes Fressen für alle, die den Status quo durchbrechen möchten.
Ein weiteres Highlight, "Full Moon Madness", umgarnt den Hörer mit wabernden Basslinien und einem Gesang, der die Dunkelheit umarmt. Die Mondnächte werden zum Symbol der offenen Türen und der Entgrenzung der konventionellen Moralvorstellungen. Dies ist mehr als nur ein tiefgründiges Stück Musik – es ist eine Offenbarung für alle, die ihre Köpfe über den Kanon hinwegstrecken wollen.
Ein solches Album könnte heutzutage wohl kaum so ungescholten das Tageslicht erblicken, zu viele wären bereit, mit virtuellen Steinen zu werfen. Doch Moonspell schuf damals Kultur und das ohne Rücksicht auf politisch korrekten Applaus. Die Einflüsse sind vielfältig und reichen von der klassischen Literatur bis hin zu den düstersten Ecken des menschlichen Geistes.
Echte Meisterwerke verdanken ihren Ruhm oft der Unannehmlichkeit, die sie verursachen. Das Album Irreligiös bleibt ein Relikt einer Zeit, in der Musiker nicht davor zurückschreckten, das Heilige in Frage zu stellen und die Dogmen infrage zu stellen. Es führt in die dunklen Ecken, die andere unberührt lassen. Da bleibt nur zu hoffen, dass es in Zukunft mehr Künstler gibt, die den sprichwörtlichen Mittelfinger erheben wollen anstatt mit dem Strom zu schwimmen.