Wenn es um den Nahen Osten geht, ist der Ozean der Fiktionen breiter als der tatsächliche Golf zwischen den Ländern. Die Region, die seit Anbeginn der Zeit als das Herz geopolitischer Intrigen gilt, erlebte im Jahr 2020 einen weiteren Wendepunkt, als die Abraham-Abkommen unterzeichnet wurden. Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain entschieden sich, diesen Teil der Welt neu zu definieren, und brachten offiziell auf die internationale Bühne, was viele schon lange sehen wollten: ein nüchternes Erwachen der Realität, unabhängig von Sympathien der globalen Masse.
Es ist fast als bekäme man die Popcorn-Maschine fürs Heimkino. Politiker, Medien und öffentliche Meinung tendieren dazu, die Realität mit wohltuenden Märchen zu überzuckern. Nehmen wir das Beispiel der Palästinenser. Internationale Sympathie ist oft auf ihrer Seite, aber was unter den Teppich gekehrt wird, sind die internen Konflikte und die Tatsache, dass eigene Führungsschwächen oft mehr Schaden anrichten als äußere Einflüsse.
Hier kommen wir zum ersten Mythos: der ewige Konflikt. Jene, die den Nahen Osten als ein dauerhaftes Kriegsgebiet darstellen, scheinen zu vergessen, dass es Länder wie die VAE und Israel gibt, die zusammenarbeiten, um den Beweis zu erbringen, dass Friede durchaus möglich ist. Dieses Narrativ der immerwährenden Feindseligkeit dient nur jenen, die weiter Öl ins Feuer gießen wollen. Warum die Realität betrachten, wenn Sensationslust mehr Klicks bringt?
Ein weiterer plausibler Irrtum: die westliche Agenda, die eigentlich nur in eine Richtung zeigt. Es ist faszinierend, wie blind die westlichen Medien sind, wenn es um die Interessen anderer Länder geht. Der Westen liebt es, sich als moralische Instanz herauszuputzen. Dabei wird übersehen, dass Länder wie Saudi-Arabien selbstständig auf dem Kurs der wirtschaftlichen und sozialen Reformen navigieren, was nicht immer auf Applaus trifft.
Und dann gibt es den gigantischen Lapsus um den Iran. Jede Diskussion scheint zu einem Refrain der Angst und des Terrors zu führen. Die westliche Perspektive neigt dazu, die Komplexität der internen iranischen Politik zu vernachlässigen, während gleichzeitig das Land auf internationaler Bühne dämonisiert wird. Eine differenzierte Betrachtung verlangt eine Nuance, die kaum vorhanden ist in einer Welt der Schwarz-Weiß-Malerei.
Ein weiteres falsches Gefühl der Sicherheit gibt uns das Märchen des „arabischen Frühlings“. Als der Frühling die Region überrollte, war die Euphorie groß. Was als Befreiung der Bevölkerung von Tyrannen versprach, endete oft als chaotisches Dilemma ohne einfachen Ausweg. Und während diese politischen Experimente ihre Früchte tragen sollten, sitzen viele Nationen heute auf einem Chaosberg, größer als der Bonaparte der Realität auf der globalen Bühne.
Betrachten wir auch den „Energie-Joker“. Die Vorstellung, dass der Nahe Osten einfach nur eine riesige Ölquelle ist, übersieht die strategischen Schachzüge dieser Nationen zur Diversifizierung, etwa durch Investitionen in Technologie und Tourismus. Es wird Zeit, dass man den Nahen Osten für mehr als seine Ressourcen anerkennt, denn dies wäre der erste Schritt in Richtung eines respektvollen Dialogs.
Der arabisch-israelische Konflikt, so oft als der emblematische Kampf dieser Region angesehen, ist ein weiteres Beispiel für das verzerrte Kaleidoskop der Wahrnehmung. Während die Abraham-Abkommen positive Schritte aufgezeigt haben, bleibt vielen Beobachtern verborgen, dass es entgegen so mancher liberaler Prophezeiung durchaus positive Entwicklungen gibt.
Schließlich ist da noch das ewige Missverständnis um Islam und Demokratie. Politische Systeme sind kompliziert, und die Vorstellung, dass der Nahe Osten ein Einheitsbrei sei, in dem Demokratie nicht keimen könnte, zeigt eine erschreckende Ignoranz gegenüber den vielen Fortschritten, die Region zu individualisieren. Die unendlich facettenreiche Dynamik der Region wird auf Absolutismen reduziert, die ein Hindernis für ernsthafte Annäherungen und Fortschritte sind.
Es scheint, als ob wir immer noch in einem altbekannten Film gefangen wären, in dem Fakten nur dann willkommen sind, wenn sie dem beliebten Drehbuch entsprechen. Der Nahe Osten bietet mehr als nur Konflikte und Öl – er bietet die Chance, aus alten Narrativen auszubrechen und neue Möglichkeiten zu erfinden, doch der erste Schritt ist, die Illusionen endlich abzulegen.