Hester Thrale: Die Frau, die Johnsons Herz eroberte

Hester Thrale: Die Frau, die Johnsons Herz eroberte

Wer glaubt, die Ehe im 18. Jahrhundert sei ein reines Geschäft gewesen, dem sei Hester Thrale vorgestellt, die mit Charme und Köpfchen selbst Samuel Johnson bezauberte.

Vince Vanguard

Vince Vanguard

Wer glaubt, die Ehe im 18. Jahrhundert sei nur ein reines Geschäft gewesen, dem sei Hester Thrale vorgestellt, eine Dame, die mit Charme und Köpfchen selbst den großen Dr. Samuel Johnson bezauberte. Geboren als Hester Lynch Salusbury 1741 in Wales, wurde sie als Hester Thrale bekannt, nachdem sie den wohlhabenden Brauereibesitzer Henry Thrale heiratete. In der britischen Gesellschaft nahm das Ehepaar Thrale eine bedeutsame Stellung ein, indem sie Künstler, Denker, und Schriftsteller um sich sammelten, darunter auch den besagten Dr. Johnson.

Hester, ganz Lady der Aufklärung und ihrer Zeit vielleicht zu weit voraus, war nicht nur Gastgeberin in ihrem Salon, sondern auch eine versierte Schriftstellerin. Ihr Werk bietet einen faszinierenden Einblick in das Leben und die Zeitgeister der damaligen Elite. Ganz ohne die Scheuklappen des heutigen liberalen Spektrums, das in der Rückbetrachtung gerne abschweift. Thrales Eigenständigkeit spiegelt sich in einem glänzenden Stil wider, der so viele liberal-angehauchte Seelengemüter in Unruhe versetzen könnte, weil sie sich vom Mainstream und modischen Moralvorstellungen nicht einfangen ließ.

Ihre berühmtesten Aufzeichnungen, bekannt als „Thraliana“, geben nicht nur Einblicke in das Leben an der Seite eines bedeutenden Unternehmers, sondern auch darüber hinaus – in die psychologischen und intellektuellen Tiefenschichten einer bemerkenswerten Frau. Die spitze Feder Hesters entlarvte all die Inkonsistenzen und falschen Töne der Gesellschaft mit einem Witz, der selbst den wohl redseligsten Salongast verstummen ließ. Was heutzutage die Kommentarspalten erbeben lässt, war damals der gesprochene Witz, den Hester mühelos beherrschte.

Thrale bewegte sich nicht nur in den typischen Rollen ihrer Zeit; sie verschob die Grenzen, indem sie ihrem Mann geschäftlich zur Seite stand – eine Art von Emanzipation, die mit mehr Substanz behaftet war als so manche heutige Forderung nach Gleichstellung um jeden Preis. Zudem hielt sie eine enge Freundschaft zu Johnson, was in vielerlei Hinsicht faszinierte und in gewisser Weise eine geistige Partnerschaft darstellte, die über bloße Gastfreundschaft hinausging.

Ihre literarische Hinterlassenschaft, die Memoiren, bietet nicht nur für Historiker Material zur Analyse, sondern für jeden, der wirklich verstehen möchte, wie eine wahrlich liberale Seele – im besten Sinne des Wortes – tickte. Für Johnson war sie nicht nur Inspiration, sondern stellte intellektuell eine gleichwertige Partnerin dar, was in einer Zeit, in der Frauen lediglich schmückendes Beiwerk waren, bemerkenswert war. Es widerlegt das gängige linke Narrativ, dass alle Frauen unterdrückt wurden und keine Möglichkeitsräume hatten, um wirklich etwas Großes zu leisten.

Interessanterweise war es nach dem Tod ihres ersten Mannes so, dass Hester sich das Recht herausnahm, erneut zu heiraten, und zwar den Musiklehrer Gabriel Piozzi. Ein Affront für die damalige Gesellschaft, die das nicht tolerieren wollte! Die puritanische Ablehnung war direkt und entschieden, ein Lehrstück für die restriktive Moral der Zeit, der sich Thrale absichtlich widersetzte. Den moralischen Zeigefinger der Gesellschaft konterte sie mit einer Gleichmut, die nicht nur beeindruckend, sondern auch lehrreich ist in einer Zeit, die sich viel zu oft hinter dem Deckmantel der Political Correctness versteckt.

Doch ist es genau diese Standhaftigkeit, die uns heute Hester Thrale in Erinnerung ruft. Stolz, unabhängig und immer bereit, unbequeme Wahrheiten auszusprechen – Eigenschaften, die sie nicht zur Freundin der liberalen Elite von heute machen würden. Aber wie damals, ist es dieser ungebrochene Wille, der Hesters Legende am Leben erhält. Ihr Leben legt uns die Frage nahe, ob der heutige liberale Diskurs wirklich so weit gekommen ist, oder ob die Erben von Hester Thrale uns nicht einige Lektionen erteilen können, wie man mit Eigenwilligkeit und Unangepasstheit das Beste aus dem Leben herausholt.