Stellen Sie sich einen Mann vor, der mit seinen Worten ein Imperium erzittern ließ. Genau das war Guillaume Thomas François Raynal: Ein französischer Schriftsteller, Philosoph und Priester, geboren 1713 in Saint-Geniez, Frankreich. Berühmt und berüchtigt für seine Schriften, die sich unverblümt mit Kolonialismus und Religion beschäftigten, war Raynal nicht nur ein Beobachter, sondern ein provokativer Kritiker seiner Zeit. Sein Hauptwerk, die 'Histoire philosophique et politique des établissements et du commerce des Européens dans les deux Indes', brachte ihm einerseits Ruhm, andererseits Verfolgung ein. Der erste Name, den die Zensur auf die schwarze Liste setzte? Raynal’s.
Raynal kann als ein Mann mit klaren, harten Meinungen beschrieben werden. Er betrachtete die europäische Expansion als ein moralisches Debakel, das die ethischen Grundlagen der Zivilisation bedrohte. Seine Skepsis gegenüber den Vorteilen, die die Kolonialisierung angeblich brachte, klingt bis heute nach – und zwar lauter als das progressive Geschwätz so manch eines 'modernen' Denkers. Er schrieb in einer Zeit, in der es höchst vorteilhaft war, dem Mainstream nach dem Mund zu reden, aber Raynal war alles andere als ein Mitläufer.
Seine Schriften sind in der Tat eine Ohrfeige für die damalige Gesellschaftsordnung und lassen keinen Zweifel an seinem Standpunkt. Kritiker werfen ihm vor, dass er zu polemisch war. Doch wenn man ehrlich ist, braucht es manchmal eine gehörige Portion Provokation, um auf das Unrecht aufmerksam zu machen. Diejenigen, die ihm Vorwürfe machen, sind vermutlich die gleichen, die es als politisch korrekt ansehen, wichtige Themen mit Samthandschuhen anzufassen.
Raynal wusste um die Heuchelei der europäischen Mächte. Obwohl viele seiner Zeitgenossen den Kolonialismus als notwendiges Übel sahen, dass angeblich Wohlstand und Fortschritt brachte – eine Ansicht, die so manch ein Neoliberaler mit Kusshand unterstreichen würde – sah Raynal den kolonialen Handel als eine Form der moralischen Korruption. In seinem besten Stil schlug er damit politische Wellen, die bis heute spürbar sind.
Indem er die europäischen Monarchien aufs Korn nahm, zeigte Raynal den Finger auf die wahren Tyrannen der Zeit. Der eigentliche Skandal war nicht, dass er es wagte, seine Stimme zu erheben, sondern dass so viele sich empörten, dass ein Mann mit einem scharfen Verstand und einer noch schärferen Zunge den Mächtigen der Welt Paroli bot.
Man kann leicht behaupten, Raynal hatte keine Angst vor Kontroversen. Tatsächlich embracierte er sie regelrecht. Diese Schärfe und seine provokativen Schriften haben ihm nicht nur den Applaus der Massen eingebracht, sondern auch den Unmut der Steuereintreiber in Paris. Frankreichs Könige mögen vergessen haben, wie viel Einfluss Literatur auf die Politik hat, aber Raynal hat sie schnell daran erinnert.
Diese Philosophen wie Raynal sind in der Tat selten, und es ist schlichtweg ironisch, dass man ihn oft versucht hat, in ein Korsett zu zwingen, das seinen Geist bändigen sollte. Das Streben nach Freiheit, Gerechtigkeit und einem Ende der Unterdrückung von Völkern war für ihn keine Wahl, es war eine Notwendigkeit. Wie schade, dass derartige Charaktere heute als Störenfriede gesehen werden, während man 'liberale' Theorien ohne Widerrede schluckt.
Raynals Schriften haben für die Unermüdlichen unter uns etwas Inspirierendes – nicht weil sie den Status quo loben, sondern weil sie ihn kompromisslos hinterfragen. Vielleicht ist das der Grund, warum Raynal in gewisser Weise immer noch relevant ist. Gegenwärtige intellektuelle Feigheit wäre für ihn wahrscheinlich das eigentliche Verbrechen.
Wer waren Raynals Freunde in seiner Schriftstellergarde? Es waren Männer wie Voltaire und Diderot, Giganten ihrer Zeit. Doch keiner hatte das Selbstbewusstsein, das Raynal an den Tag legte, indem er ohne Beschönigung auf die Mängel einer ganzen herrschenden Klasse hinwies. Hinter jedem großen Mann steht eben immer ein noch größerer Schatten seiner Gedanken. Und so bleibt ganz klar: Raynal war kein Schattenläufer, sondern ein archiliches Licht im Nebel des 18. Jahrhunderts.