Faszinierend und erschreckend gleichermaßen ist der Gesundheitsdienst des Islamischen Staates (IS), einer Terrororganisation, die in den letzten Jahren in der gesamten Welt Schrecken verbreitet hat. Während liberale Gemüter die Augen schließen und humanitäre Argumente vorbringen, sehen wir genauer hin. Der IS, berüchtigt für seine grausame Brutalität, setzte in Syrien und Irak zwischen 2014 und 2019 auch auf ein umfassendes System von Gesundheitsdiensten, das zur Erhaltung seiner kriegerischen Kräfte diente. Und ja, es handelte sich um mehr als First-Aid-Kits. Diese Infrastruktur schien weniger um das Wohl der Menschen besorgt zu sein und mehr darum, den fanatischen Kampf am Laufen zu halten.
Das Auffallende an diesem Gesundheitswesen war die strikte militärische Ausrichtung und letztlich die Indoktrination. Der Aufbau dieser Dienste war strategisch konzipiert. An verschiedenen Standorten, vornehmlich in Mossul und Raqqa, entstanden medizinische Einrichtungen, die von eingeschüchtertem medizinischen Personal bis hin zu medizinischen Laien betrieben wurden. Die Zentren waren mit den notwendigsten medizinischen Ausrüstungen bestückt. Vorräte, die überwiegend aus Plünderungen stammten, sorgten dafür, dass an der Front operiert, genäht und geröntgt werden konnte. Hier wurde schnell klar: Der IS funktionierte anders als ein herkömmlicher Staat – alles musste dem ideologischen Kampf dienen.
Inmitten dieser düsteren Umstände zwang der IS Ärzte und Krankenschwestern in seine Dienste. Medizinisches Personal, das nicht kooperierte, wurde bedroht oder schlimmer noch, ermordet. Alles stand im Zeichen totaler Unterwerfung. Dabei war der Einsatz von Gewalt ein alltägliches Mittel zur Sicherstellung von Loyalität und Effizienz. Der IS betrieb sogar eine eigene medizinische Schule, um Personal auszubilden. Diese uniformierte Indoktrinierung war Teil der umfassenden Agenda der Radikalisierung.
Interessanterweise konzentrierte man sich darauf, neben der medizinischen Betreuung der Kämpfer auch die „gesellschaftliche Fürsorge“ in den kontrollierten Gebieten zu gewährleisten. Jedoch diente diese Strategie weniger der Zivilbevölkerung als dem Versuch, die ansonsten kranken Versprechen von einer echten Staatsbildung zu untermauern. Die Realität dieser „Fürsorge“ war bitter. Bürger, die nicht zur Loyalität bereit waren, erhielten schlichtweg keine Versorgung.
Für internationale Beobachter wurde die Effektivität dieses Gesundheitsnetzwerkes oft zu einem abstoßenden Paradoxon. Es zeigte, wie der IS versuchte, seinen Anspruch auf Legitimität und Staatlichkeit zu manifestieren. Man mag es absurd finden, dass eine Terrororganisation sich um die Andersgläubige kümmern wollte, aber die Antwort liegt klar offen: Kontrolle und Propaganda. Durch den Gesundheitsdienst demonstrierte der IS Macht und Einfluss, zwei Elemente, die in weiten Teilen seines Herrschaftsgebiets pure Angst säten.
Der ganze Aufwand unterstreicht die perfide Effizienz des IS-Systems, das trotz Mangels an Ressourcen und feindlichen Umfeldes agierte. Die medizinische Versorgung war kein Dienst an der Menschheit, sondern ein strategisches Mittel der Kriegsführung. Selbst der Aufbau von medizinischen Fakultäten und die medizinische Ausbildung waren darauf ausgerichtet, die islamistische Ideologie am Leben zu halten. Was auf den ersten Blick wie eine Schemme eines funktionierenden Staates wirkt, war in Wirklichkeit ein Instrument der Unterdrückung.
Eines ihrer perfidesten Instrumente war die Einbindung ausländischer Kämpfer und ihrer Familien in den sogenannten Wohlfahrtsapparat. Diese wurden oft als Propagandamaterial missbraucht, um die vermeintliche „Normalität“ in den IS-Gebieten zu demonstrieren. Und während der Westen das Grauen dokumentierte, versuchte der IS, sich als Alternative zu westlichen „korrupten“ Systemen zu präsentieren.
Letztlich bleibt die Frage, warum so viele westliche Beobachter sich blind stellen und diese Machenschaften ignorieren. Während Sicherheitsdienste und Analysten offen über die Bedrohung sprechen, verharmlosen einige Kreise das Funktionieren dieser „Staatlichkeit“. Nun, es ist höchste Zeit, dass wir hinschauen, wo weggeschaut wird. Denn nur wer sich mit aller Realität konfrontiert, der kann die kommenden Bedrohungen verstehen und bekämpfen.