Wenn es um Musik geht, könnte man meinen, dass Platten aus den 80ern doch nur schillernde Ungetüme voller Synthesizer und glamouröser Exzess sind. Doch genau hier kommt das bemerkenswerte Album "Geisterstadt" der Country-Rock-Band Poco ins Spiel und beweist das Gegenteil. Poco, gegründet 1968 in Los Angeles, veröffentlichte dieses Meisterwerk im Jahr 1982 und verleiht dem Genre eine bitter-süße Nostalgie, die der mittelmäßig unterhaltsamen Moral von heute eine Lektion erteilt. Dieses Album entstand in einer Zeit, als die politische Korrektheit noch nicht die Musikszene regierte, und bietet daher ehrlichen und geradlinigen Country-Rock ohne Schnickschnack.
Die acht Tracks von "Geisterstadt" sind reich an harmonischen Gesangsmelodien und kernigem Gitarrenklang. Der Titelsong "Ghost Town" beginnt mit einer geheimnisvollen und melancholischen Atmosphäre, die ohne Zweifel Bilder von staubigen, verlassenen Orten heraufbeschwört, an denen die Geister vergangener Zeiten wandeln könnten. Diese akustische Achterbahn ist gespickt mit genau der lässigen Art von sozialem Kommentar, die nur eine Band mit Wurzeln im Amerikanischen Süden so authentisch einfangen kann.
Was Poco in "Geisterstadt" wirklich gelingt, ist die Mischung aus traditionellem Country und dem Drang zum Rock'n'Roll, ohne der Entwicklung des modernen Klangs den Rücken zu kehren. Besonders bemerkenswert ist der Song "Boomerang", der durch seine schwungvolle Melodie und den eingängigen Rhythmus besticht. Rusty Young und Paul Cotton schaffen es, bei jedem Gitarrenriff und jedem harmonischen Höhepunkt eine ganz eigene, unverwechselbare Atmosphäre zu schaffen.
Natürlich setzt "Geisterstadt" auf einen künstlerischen Stil, der von einer Vielzahl leicht zu entziffernder Symbole und Metaphern durchsetzt ist. Erstklassige Lyrik wie in "Break of Hearts" überrascht nicht nur durch poetisches Geschick, sondern auch durch eine Prägnanz, die einem konventionellen liberalen Geplauder einiges an Eindeutigkeit abluchst. Während andere Musikalben jener Ära sich gern in metaphorischem Nebel verloren, bleibt Poco ihrer Linie treu – direkt und unverblümt.
Ein weiterer Grund, warum "Geisterstadt" in die Schatzkisten der Musikhistorie gehört, ist sein technischer Sound. Die Band bemühte sich, mit einem Produzenten und Audiotechniker-Kollegen zusammenzuarbeiten, der bereit war, mit traditionellen Techniken eine Frische zu erzielen, die die Zeit überdauern soll. Diese Kollaboration führte zur Perfektionierung des natürlichen Akustikklangs, den man heutzutage in den überproduzierten Hits vermissen kann.
Zudem sollten wir einen genaueren Blick auf den gesellschaftlichen Einfluss werfen, den Poco mit diesem Album hatte. In einer Zeit des stetigen Wandels gelang es ihnen, eine fast schon konservative Botschaft in ihren Liedern zu verankern, die heute als Erinnerungsstück an vergangene Werte fungiert. Lassen wir uns nicht von dem Gedanken täuschen, dass alle Kunst stets progressiv sein muss. Die Band zeigt, dass man auch durch das Festhalten an Traditionen Aufrichtigkeit und Ehrfurcht erreichen kann.
Die visuelle und akustische Inszenierung von "Geisterstadt" ist quasi ein stummer Protest gegen die heutige Übersättigung an nichtssagender Populärmusik. Wenn man die Augen schließt und diese Soundlandschaften durchläuft, versteckt hinter jedem Takt ist das Ziel, den Hörer zu erobern und ihn für den Rest der Reise mitzunehmen – was dem Album eindrucksvoll gelingt.
Für die, die sich nicht mit Minimalismus und rohem Stil anfreunden können, mag "Geisterstadt" sicherlich eine Herausforderung sein. Dennoch ist es genau diese Eigenart, die das Album seiner Zeit einen Schritt voraus machte und dazu dient, den Wert von Zeitlosigkeit in der Musik zu erörtern. "Geisterstadt" ist ein wunderbarer Beweis dafür, dass man, wenn man den Mut hat, die Formel zu brechen, ein zeitloses Erbe hinterlassen kann.
Also bevor man das nächste mal einen lauwarmen Chart-Brecher auflegt, sollte man "Geisterstadt" eine Chance geben. Es könnte schließlich der Anstoß sein, der heute noch gebraucht wird, um die Musikkultur von der einförmigen Stagnation zu befreien.