Francesc Serés ist eine Literaturgröße, die es wagt, den Finger in die Wunde zu legen und die Bequemlichkeit des zeitgenössischen Denkens herauszufordern. Als katalanischer Autor erobert er seit den frühen 2000er Jahren die literarische Welt. Er wurde 1972 in der Vila de Seró in Katalonien geboren, einer Region, die geprägt ist von einer Spannbreite an kulturellen und historischen Einflüssen. Was mache ihn so faszinierend? Serés ist nicht nur ein Schriftsteller, er ist ein Vollblut-Intellektueller und Beobachter seiner Zeit. Seine Werke spiegeln die sozialen und wirtschaftlichen Fragen wider, die viele andere just unbewusst übergehen, wahrscheinlich weil sie unbequem und beunruhigend sind. Wer liest heutzutage noch Bücher, die einen fordern? Fahrt im Februar aus seinen 2004 veröffentlichten Geschichten bietet genau das: Herausforderungen für Kopf und Herz.
Serés' scharfsinnige Ironie und seine Fähigkeit, gesellschaftliche Zustände zu sezieren, machen ihn bei denen unbeliebt, die in ihrem Ideal des sozialen Wohlfühl-Schlaraffenlandes verharren wollen. Gerade seine 2012 erschienene essayistische Sammlung Materia Privada liefert eine gnadenlos ehrliche Sicht auf Katalonien und die wirtschaftlichen Unsicherheiten, welche das Land plagen. Man fragt sich, ob Katalonien wirklich ein isolierter Fall ist oder ob es ein Spiegel für die gesamtwestliche Gesellschaft darstellt. Vielleicht sind einige der Annahmen, die uns seit Jahren begleiten, nicht mehr haltbar, so Serés.
Fakten sind für Serés ewige Konstanten, aber Interpretationen der Realität, nun ja, das ist eine andere Geschichte. Mit jedem Buch erweitert er den Horizont des Lesers und zwingt ihn, gesellschaftliche Gewissheiten infrage zu stellen. Schreibt er über Immigration? Natürlich, und er hört nicht auf bei der üblichen Betroffenheitslyrik. In seinem Roman Die Andere tritt Serés einigen Vorurteilen mit einem echten Vorschlaghammer gegenüber, ein Kunststück, dem kaum jemand gewachsen ist.
Sein Umgang mit Sprache ist ein Genuss für alle, die tiefer bohren wollen. Mit einer schmucklosen, klaren Prosa erzeugt er Bilder, welche die bürgerlichen Blasen zum Platzen bringen. Den Leser mit wohlklingenden Texten verzaubern? Das überlässt Serés anderen. Stattdessen lädt er ein zu kritischen Betrachtungen und engagierten Debatten. Für viele ein literarisches Hochgefühl, für andere schlicht untragbar! Doch genau in dieser Polarität liegt der Reiz eines Schriftstellers, der sich gegen die seichte Masse wehrt.
Francesc Serés schreibt nicht nur, um Geschichten zu erzählen, sondern um die Seele seiner Heimat zu ergründen. Und dies geschieht in einer Zeit, in der viele Künstler nur darauf aus sind, Preise zu gewinnen und anerkennendes Nicken zu ernten. Ob in seinen Romanen oder Essays, immer taucht der soziale Kontext auf, und das in einer Tiefe, die viele erschrecken könnte. Denn sind wir nicht längst dazu übergegangen, die Herausforderung durch den 'verwöhnten Konsens' zu meiden?
Serés ist alles andere als bequem. Seine Themen sind anspruchsvoll, ja fast unbequem, um den Leser aus der Komfortzone zu locken. Aber genau das wird heutzutage viel zu selten gewürdigt. Zwischen seinem Werk und der Realität existiert eine Schnittmenge, die Herz und Verstand auf die Probe stellt. Seine Kritik an politischen Mainstreams verleiht seinen Werken Dringlichkeit und Relevanz; Themen, die viele nur allzu gerne unter den Teppich kehren möchten.
Vielleicht wird Francesc Serés eines Tages als der Mark Twain des modernen Kataloniens angesehen werden, nur ohne den Hang zu klamaukigen Geschichten. Er zeigt: Literatur kann tatsächlich existieren, ohne die Ochsentour der Selbstzensur.
Es gibt Schriftsteller, deren Aufgabe es ist, zu unterhalten. Francesc Serés gehört in eine andere Kategorie: die des Unbequemen. Seine Werke sind Kaventsmänner in der literarischen See, die sich einer unkritisch akzeptierten Weltordnung entgegenstellen. Und das ist auch gut so!