Wer hätte gedacht, dass eine Gruppe von jugendlichen Kriminellen, die aus einer maroden Raumstation auf eine verlassene Erde verbannt werden, der ultimative Gradmesser für die Zukunft der Menschheit sein könnte? "Die 100" ist die aforistische Serie, die zwischen 2014 und 2020 auf The CW ausgestrahlt wurde und inzwischen zahlreiche Zuschauer weltweit in ihren Bann zog. Die Serie beginnt mit der faszinierenden Prämisse, dass 97 Jahre nach einem nuklearen Armageddon die letzten Überlebenden der Menschheit – die Crews einer Raumstation namens 'The Ark' – gezwungen sind, ihre jugendlichen Straftäter auf die strahlenverseuchte Erde zu schicken, um zu testen, ob ihre Heimatwelt wieder bewohnbar ist.
Was dabei herauskommt, ist eine packende Mischung aus Action, Sci-Fi und Drama, die nicht nur die klassischen Überlebensinstinkte infrage stellt, sondern auch die ethischen und politischen Dilemmata der Menschheit im Exil. Ja, die Situationsethik ist ein Minenfeld, das laufend im Mittelpunkt steht. Aber sind wir konservativ denkenden Menschen nicht müde davon, wenn Serien versuchen, uns mit anscheinend liberaler Agenden zu bombardieren?
Als Zuschauer erwarten wir doch von einem postapokalyptischen Setting die Prüfung grundlegender Werte. "Die 100" enttäuscht nicht. Unschuldige und Schuldige sind auf engstem Raum zusammengepfercht. Solch eine Dynamik produziert zwangsläufig Reibung - und Reibung ist bekanntlich Friktion, die wiederum Funken versprüht! Schon in der Pilotfolge wird klar, dass Entscheidungen in Sekunden getroffen werden müssen: Wer überlebt, wer opfert sich, und mit welchen moralischen Standards wird die Ordnung dieser 'neuen Welt' aufrechterhalten?
Jenseits der offensichtlichen Action-Szenen, die für Unterhaltung sorgen, entfaltet sich ein tieferes Bedürfnis nach der Wiederherstellung von Recht und Ordnung auf der Erde. Diese jugendlichen Abtrünnigen sind plötzlich in der Position, eine eigene Gesellschaftsordnung aufzubauen. Achtung Spoiler: Die Jugendkultur gerät an ihre Grenzen, wenn sie auf existentielle Bedrohungen trifft! Was ist zu tun, wenn chaotische Zustände drohen? Moralische Flexibilität oder eiserne Prinzipien?
Die Serie präsentiert antithetische Figuren wie Clarke Griffin, die als pragmatische Anführerin agiert. Sie stellt den rational-logischen Part dar und kämpft mit den latenten, liberalen Ansichten ihrer Mitstreiter, die oft der Versuchung erliegen, unumstößliche Standards aufzugeben. Es ist faszinierend zu sehen, wie bestimmte Charaktere in der Notlage ihre eigentlichen Haltungen enthüllen, die sonst im ideologischen Rauschen des Alltags verborgen bleiben. Das genau ist die Stärke von "Die 100": es zwingt die Protagonisten ebenso wie die Zuschauer, Richtig und Falsch vor dem Hintergrund existenzieller Bedrohungen zu hinterfragen.
Wenn man tiefer in die Serie eintaucht, zeigt sich, dass sie weitaus mehr als lediglich flüchtige Zerstreuung bietet. Sie ist zugleich Parabel und Warnung - was passiert, wenn Technologie überhandnimmt, wenn der Mensch die Natur herausfordert und schließlich den Kürzeren zieht? Eine für unsere Zeit alarmierende Frage, auf die "Die 100" eine klare Antwort gibt: Komplexe Technologien ohne moralische Maßstäbe tendieren zur Selbstzerstörung.
Währenddessen sind es gerade die zwangsweise isolierten kleinen Gemeinschaften auf der Erde, die ursprünglich unter Feindseligkeit gegenüber den Neulingen leiden, die authentische Lektionen des Überlebens vermitteln. Diese 'Grounders', die sich nur mit primitiven Mitteln durchgekämpft haben, erinnern uns daran, dass Stärke durch die Verkörperung von Disziplin und Tradition kommt. Hier prallen Erwartungen des Guten auf die bittere Realität.
Der größere narrative Kampf innerhalb der Serie, der zwischen Pragmatismus und Gefühlsduselei schwankt, spiegelt sich auch wider in den modernistischen Ansichten der Idee von Multikulturalismus, die mehr im Konflikt als im Einklang wirkend entfaltet wird. Was bleibt also von der utopischen Vision, alle Unterschiede zu besiegen? Mehr denn je zeigt "Die 100": Felsenfeste Grundsätze erstrahlen in Krisenzeiten.
Man kann die Schönheit dieser erzählerischen Oper als Metapher dafür sehen, wohin die Welt heute steuert. Der verzweifelte Versuch, absolutes Überleben auf eine fast randmäßige moralische Existenz zu reduzieren, lädt uns ein, über unsere eigenen Lebensentscheidungen nachzudenken. Auf welcher Seite stehst du, wenn die große Frage aller Zeiten auf dich einprasselt? "Die 100" bietet dazu ein Szenario, das uns vor Augen führt, dass echter Fortschritt nicht notwendigerweise den freien Fall von Standards bedeutet.