Arthur Miller, der große amerikanische Dramatiker und messerscharfe Chronist der menschlichen Psyche, hat mit seinem 1968 uraufgeführten Theaterstück Der Preis etwas geschaffen, das die meisten modernen Autoren nicht wagen: Er fordert den Zuschauer auf, die Konsequenzen von Vergangenheit, Familienbindung und persönlichen Entscheidungen kritisch zu hinterfragen – Themen, die viele Menschen heutzutage am liebsten vermeiden würden. Das Stück spielt in New York City und erzählt die Geschichte zweier Brüder, Victor und Walter Franz, die nach langer Entfremdung im Dachboden ihres alten Familienheims aufeinandertreffen, um dessen verbliebene Werte zu verkaufen.
Arthur Miller, nicht gerade als leichte Kost bekannt, hat sich mit Der Preis eindrucksvoll bewährt – das Werk zeigt die amerikanische Nachkriegsgesellschaft in all ihrer Verwirrung und zerrissenen Idealen, während die beiden Brüder sowohl miteinander als auch mit ihrer eigenen Vergangenheit um Anerkennung und „den Preis“ kämpfen. Die Aufarbeitung elterlicher Verfehlungen und die Frage, wie weit man in der Suche nach persönlichem Glück gehen sollte, liefern reichlich Zündstoff für eine echte, unverfälschte Lebensdebatte.
Familienwerte oder Egoismus? – Victor hat sich sein Leben lang für seinen pflegebedürftigen Vater aufgeopfert, während Walter seinen eigenen Interessen nachging. Der Gegensatz könnte nicht schärfer sein. Hier steht die Wahl zwischen Pflichtbewusstsein und persönlichem Ehrgeiz zur Debatte, ein ständiger Konflikt unserer modernen Gesellschaft.
Die Rolle der Vergangenheit – Der Preis konfrontiert uns mit der Tatsache, dass man die Vergangenheit nicht einfach abschütteln kann. In einer Welt, in der viele Menschen von einer Identität zur nächsten springen, erinnert uns Miller daran, dass die Vergangenheit keine Wahl ist, sondern ein Teil von uns – ob wir das nun mögen oder nicht.
Kapitalismus kritisch betrachtet – Victor, ein verkappter Idealist, sieht keinen großen Wert im Geld, sondern vielmehr in der moralischen Verpflichtung. Walter hingegen, der erfolgreiche Arzt, sieht nur die Kosten und den Nutzen. Miller hält uns mit diesem Kontrast einen Spiegel vor: Was ist der wirkliche Preis unseres Kapitalismus?
Die Interpretation von Erfolg – Was bedeutet Erfolg? Für Victor bedeutet es, für seine Familie da zu sein, während sich Walter in seinem Beruf außerhalb der familiären Bande als erfolgreich sieht. Diese Debatte ist der zentrale Streitpunkt des Stücks. Miller zeigt auf, dass Erfolg viele Gesichter hat, und nicht immer das, welches die Gesellschaft vorschreibt.
Die Komplexität des Menschseins – Keiner ist nur schwarz oder weiß. Miller zeigt uns die Schichten, aus denen wir bestehen, indem er vollends menschliche Charaktere mit all ihren Widersprüchen präsentiert. Das Theaterstück zwingt uns dazu, die Komplexität unserer eigenen Entscheidungen zu überdenken.
Schicksal oder freie Wahl? – Das Spiel mit der Frage, ob wir unser Schicksal selbst bestimmen können oder ob es für uns vorbestimmt ist, zieht sich durch das gesamte Stück. Ein wichtiges Thema in einer Welt, die Verantwortung gerne abschieben möchte.
Die Vergänglichkeit der Dinge – Das Haus der Familie Franz steht als Symbol für verpasste Gelegenheiten. Wenn wir uns von Gegenständen trennen müssen, wie sehr hängen wir dann an unseren Erinnerungen und Gefühlen – oder an unserer Vorstellung, was diese Dinge für uns bedeuten?
Ein Blick auf moralische Fragen – Miller bietet keine einfachen Antworten. Während einige versuchen, ihre Entscheidungen zu rechtfertigen, stellt er uns vor die grundlegende Frage der Moral: Ist es besser, das Richtige zu tun oder das Bequeme?
Dialog ohne Filter – Im Gegensatz zu dem, was uns zeitgenössische Dramen oft bieten, gehen Millers Dialoge direkt ins Eingemachte. Die Brüder führen rohe, ehrliche Gespräche ohne die heute so weit verbreitete politische Korrektheit.
Eine provokative Warnung – Miller zeigt, wohin eine Gesellschaft führt, die nicht mehr bereit ist, sich selbst kritisch zu betrachten. Ein Vorwurf an die Abkehr von Werten und Verantwortung, die über die bloße Individuation hinausgeht – und genau das treibt uns in einer immer chaotischeren Welt immer weiter auseinander.