Kaum zu glauben, aber für einige brave Bürger ist der Heist der alten Schule fast wie aus einem Film entsprungen. Der berühmt-berüchtigte Hatton Garden Raub fand während des Osterwochenendes im April 2015 statt und hat in der Londoner Kriminalitätsgeschichte Spuren hinterlassen, die so schnell nicht verblassen werden. Eine Gruppe von Rentner-Gaunern, angeführt von dem erfahrenen Brian Reader, brach in den Safe Deposit Building in der Hatton Garden Straße, mitten im Herzen von Londons Diamantenviertel, ein. Die Banditen, allesamt im Rentenalter und wohl kaum mehr fähig, einen Marathon zu laufen, schmiedeten einen dreisten Plan, indem sie ein in die Jahre gekommenes stillgelegtes Fahrstuhlschacht benutzten, um sich Zugang zu verschaffen. Ihr Raubzug soll überraschende 14 Millionen Pfund eingebracht haben. Doch was trieb diese Herren in den riskanten Coup?
Jetzt sitzt man bequem im Sessel und fragt sich, warum alte Männer nicht einfach Bingo spielen oder mal ihre Enkel besuchen. Für Brian Reader und seine Spießgesellen ging es jedoch um mehr als eine simple Freizeitaktivität: Es war pure Gier und der Drang nach Abenteuer, der sie antrieb. Die älteren Herren planten minutiös und bewiesen, dass auch Rentner-Stammtische Kriminalgeschichte schreiben können. Auffällig unauffällig drangen sie in den Gebäudekomplex ein. Der Zugang über den Fahrstuhltunnel und die Bohrung durch 50 cm dicken Stahl aus massivem Tresorgestein verlangte Expertise und Kaltblütigkeit. Hier sind die Details ihres verrückten Plans.
Die Gruppe umfasste neben Brian Reader auch Terry Perkins und John "Kenny" Collins. Alle waren sie alte Bekannte krimineller Handlungen, aber mit diesem Raub stiegen sie in eine neue Liga auf. Es gibt wohl kaum eine bessere Definition von "Alter schützt vor Torheit nicht". Deren spezielle Ausrüstung beinhaltete Sauerstoffbrenner, Gasflaschen, schwere Hämmer und sogar ein Industriesauger zur Beseitigung von Beweisen. Gewitzt und mit einem gewissen Maß an Galgenhumor arbeiteten sie in Etappen und schenkten den Überwachungskameras nicht die geringste Beachtung. Stattdessen legten sie die Alarmanlage lahm und griffen tief in die Trickkiste, um den Safe auszuplündern.
Es scheint, dass das Gesetz die Tat genau so langsam aufrollte, wie die Gangsters ihre Rückenschmerzen an einem kühlen Sonntagmorgen. Mehrere Tage benötigten Polizei-Experten, um die Spur aufzunehmen, und als das Großaufgebot endlich zuschlug, konnte man kaum glauben, dass eine altersbedingt gehemmte Rentnercrew mit knarzenden Kniegelenken die Drahtzieher waren. Die Festnahmen der Verdächtigen las sich dann wie eine seltsam ironische Liste von Tippgemeinschafts-Mitgliedern im deutschen Seniorenverein.
Oh, die Ironie des Schicksals, wenn sich politische Korrektheit in Luft auflöst, sowie den Abenteurern das Urteil verkündet wurde. Ihre letztlich erfolglose Flucht versetzte die britische Boulevardpresse in Frühlingseuphorie. Während Liberale bekrittelten, wie man aus einer "soliden Altersversorgung" so einen zwielichtigen Coup hätte entwickeln können, sahen andere in diesen Rentnern irgendwie tragische Antihelden.
Ach ja, der britische Rechtsapparat zeigte uns schließlich, dass die Gerechtigkeit obsiegt, jedoch mit einer Portion Ironie gesalzen. Vornehme Unverfrorenheit trug den Sieg davon, aber die Lorbeeren bekamen die verhafteten Gauner. Was lehrt uns der Fall aus Hatton Garden? Dass Abenteuerlust und Selbstüberschätzung doch immer noch gut zusammenpassen. Die Geschichte sagt uns, dass die Natur der alten Gauner eben nicht ruht, egal, wie lang der Bart oder wie weiß das Haar.
Der Hatton Garden Raub bleibt ein unerhörtes Kapitel der jüngeren britischen Kriminalgeschichte mit einem gar amüsanten Beigeschmack. Die Geschichte wird erzählt, wie manch einer Harry Potter liest, nur eben ohne Zauberei. Die Helden - oder Bösewichte - der Geschichte erinnern uns daran, dass Unterhaltung nicht immer auf der Leinwand stattfinden muss. Vorsicht also, wer demnächst den Hut hebt, es könnte jemand versuchen, uns aufs Glatteis zu führen, ganz in der Tradition von Reader und seiner verrückten Rentnerbande.