Colourbox: Man könnte meinen, dass sich hinter diesem Namen lediglich ein Experiment aus Farben verbirgt. Weit gefehlt! Dieses Album von 1983 ist das Werk der britischen Band Colourbox und wurde in Großbritannien gemischt und aufgenommen. In einer Zeit, in der die Popkultur einen Wandel durchlief, erschien Colourbox als eine Art klangliches Chamäleon. Die Band, bestehend aus den Brüdern Martyn und Steven Young, wagte es, konventionellen Musikstilen den Rücken zu kehren und ein Werk zu kreieren, das noch Jahrzehnte später befreiend anders klingt.
Da Neugierde der Antriebsmotor einer erfolgreichen künstlerischen Leistung ist, katapultierte Colourbox experimentelle Pop-Elemente direkt ins Ohr des Zuhörers. Was genau macht dieses Album also so besonders?
Zunächst wäre da die unglaubliche Vielfalt der verwendeten Klänge. Ob Dub, Elektronik, Soul oder Funk – alles findet in Colourbox seinen Platz. Diese eklektische Mischung ist eine willkommene Ohrfeige für all jene, die der Meinung sind, dass man Musik in vorgefertigte Kategorien zwängen sollte. Wenn die liberale Musikwelt immer für Vielfalt predigt, dann zeigt Colourbox, was wahre Diversität in der Musik bedeutet: keine Marketing-Strategie, sondern kreativ ausgetüftelte Klangwelten.
Ein weiteres Element, das Colourbox entscheidend von anderen unterscheidet, ist der Einsatz von Sample-Techniken. Ganze Jahre bevor Sampling wirklich populär wurde, nutzte die Band clever eingefügte Samples, um ihrer Musik eine neue Dimension zu verleihen. Damit zeigten sie nicht nur, dass man auch aus altbekanntem Material etwas Frisches schaffen kann, sondern auch Mut und Raffinesse. Es reicht oft nicht, nur Mittelmäßigem einen modernen Anstrich zu verpassen – man muss regelrecht in den Klang eintauchen, ihn auf die Probe stellen und baff zurückkehren.
Die Produktion des Albums ist ein weiteres Highlight. Es ist kein gelacktes, glatt gezogenes Werk. Nein, die Brüder Young bewiesen, dass sich Musik auch roh und ungeschliffen erstklassig anhören kann. Dieser unpolierte Sound sorgt dafür, dass Colourbox lebendig bleibt und sich nicht in den Weiten vergangenen musikalischen Surrogats verliert.
Die einzelnen Songs des Albums sind ein abwechslungsreicher Mix, der den Zuhörer von emotionalen Höhen auf mitreißende Tiefen leitet. Von „Breakdown“ über „Punch“ bis hin zu „Manic“ gibt es auf Colourbox keine Sekunde Langeweile. Die Stimme von Lorita Grahame trägt maßgeblich zu dieser spannungsgeladenen Mischung bei. Mit ihrer kraftvollen Stimme macht sie aus den Songs Erlebnisse, die den Puls in die Höhe treiben und die Herzen schneller schlagen lassen.
Und dann gibt es auch noch die Texte. In Zeiten, in denen musikalische Inhalte oft dünn wirken und sich auf das bloße Recyceln alter Phrasen beschränken, hebt Colourbox mit seinen cleveren und aufmerksamen Texten die Messlatte. Ja, man kann Musik machen, die sowohl intellektuell anregend als auch unterhaltsam ist. Und das, ohne dabei platt oder langweilig zu werden.
Die Veröffentlichung von Colourbox im Jahr 1983 entstand zu einer politischen Zeit, in der Großbritannien unter der Regierung von Margaret Thatcher große Umwälzungen erlebte. Das Album spiegelt den Zeitgeist wider, indem es ohne Pathos indes mit klarer Haltung alternativ zu bestehenden Strömungen Stellung bezieht.
Selbst nach all den Jahren stellt Colourbox eine Herausforderung für den musikalisch vorsichtigen Hörer dar. Es ist Musik für die, die sich nicht für die vorgefertigte Schablonen des Mainstreams binden lassen wollen. Und während viele Alben aus dieser Ära vergessen wurden oder maximal als nostalgische Erinnerungsstücke fungieren, bleibt Colourbox relevant. Als eine Art musikalische Galionsfigur für Unangepasstheit, zeigt das Album, dass der Mut zur eigenen Identität Applaus verdient.
Colourbox bleibt ein Paradebeispiel für die Freiheit, die mit echter künstlerischer Schöpfung einhergehen kann. Wer also den Rückzug in den musikalischen Mainstream wagt, dem sei geraten, einmal den Farbkasten von Colourbox zu öffnen und zu schauen, wie Leben jenseits der farblosen Töne auszusehen vermag.