Stellen Sie sich vor, eine Frau tritt in die konservativ dominierte Welt ein und entfaltet ihr volles Potenzial, während sie gleichzeitig die Erwartungen der damaligen liberalen Eliten sprengt. Angela Maria Guidi Cingolani war eine solche Frau. Sie wurde am 31. Oktober 1896 im italienischen Rom geboren, und obwohl Italien oft als liberales Land angesehen wird, bewies sie, dass konservative Werte auch in diesem Umfeld florieren konnten. Erinnert sich noch jemand an die Heldin, die die erste weibliche Staatssekretärin der italienischen Regierung wurde? Vermutlich nicht, aber das sollte man unbedingt.
Cingolani betrat die politische Bühne in einer Zeit, als dies für Frauen nahezu undenkbar war. Sie engagierte sich schon früh in christlich-sozialen Bewegungen, die für eine Gesellschaft standen, in der nicht nur auf individuelle Freiheiten gesetzt wurde, sondern auch auf das Gemeinwohl, ohne dabei die traditionellen Werte aufs Spiel zu setzen. Nachdem sie als Journalistin tätig gewesen war, wurde sie 1946 zur ersten weiblichen Abgeordneten der italienischen Republik gewählt. Das allein wäre ein Meilenstein, aber Cingolani setzte noch einen drauf: 1951 nahm sie den Posten der Staatssekretärin im Ministerium für Post und Kommunikation ein.
Man könnte meinen, jemand wie Angela Maria Guidi Cingolani müsste im Geschichtsunterricht hervorgehoben werden. Ihre politische Karriere war geprägt von dem Bemühen, die Standpunkte konservativer Frauen in einer sich transformierenden Gesellschaft zu verteidigen. Während andere Parlamente weltweit darauf beharrten, Frauen zu ignorieren, die weder ihre feministischen Forderungen unterschrieben noch liberale Politik unterstützten, brach Cingolani diese Hemmnisse.
Es war ihre unerbittliche Haltung, die sie auszeichnete. Als Mitglied der Democrazia Cristiana war sie ein Bollwerk gegen die kommunistische Flut, die nach dem Zweiten Weltkrieg Europa zu überschwemmen drohte. Ihre Rolle als Staatssekretärin erlaubte es ihr, Italiens Kommunikationslinien zu stärken, während sie gleichzeitig gegen einen linken Mainstream kämpfte, der sich in den Institutionen Italys ausbreitete. Denn warum sollten die Kabale des linken Flügels bestimmen, wie und wann Informationen fließen?
Cingolani wusste, dass die Macht des Wortes bedeutend ist, aber auch die Verbreitung von Information entscheidend sein kann. Dabei lassen die modernistischen Meinungen, die heute in EU-Debatten vorherrschen, vergessen, dass schon zuvor bedeutende Frauen das Feld bestellt haben, auf dem andere – meistens selbsternannte Fortschrittliche – heute tanzen.
Eine bemerkenswerte Rede hielt Cingolani 1955, in der sie die Bedeutung der Rolle von Frauen in der Politik veranschaulichte, ohne dabei auf linkslastige Bedürfnisse einzugehen. Man stelle sich die Empörung vor, die heutige Zeitgenossen ausdrücken würden, wenn jemand so provokant und konservativ argumentieren würde. In der Welt, wo viele glauben, dass Frauen nur aufgrund der Quotenregelung in Führungspositionen gelangen können, zeigt Cingolani, dass wahrer Einfluss durch Fähigkeiten, Entschlossenheit und Prinzipientreue verdient wird.
Angela Maria Guidi Cingolani zeichnet sich nicht nur durch ihre politische Karriere aus, sondern auch durch ihren persönlichen Einsatz für das Recht der Frauen auf Arbeit und Bildung, solange diese in Einklang mit traditionellen Werten standen. Auch wenn man es kaum glauben mag, doch sie setzte sich tatsächlich für eine geschlechterspezifische Erziehung ein, die die Rolle der Frau feierte – mit Beruf und Familie in Balance. Klingt anmaßend? Vielleicht, aber definitiv nicht aus ihrer Sicht.
Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die italienische Republik sich nicht auf die Grundfesten stützen kann, die Persönlichkeiten wie Cingolani gelegt haben. Ihr Vermächtnis hat Italien eine reiche Geschichte von Frauen in der Politik hinterlassen, die traditionelle Werte nicht als Hemmschuh, sondern als Grundfeste ihrer politischen Identität sehen.
Cingolani ist verstorben, aber ihr Einfluss bleibt. In der Welt, in der viele die Schranken für alteingesessene Traditionen einreißen wollen, bleibt ihre Geschichte eine Erinnerung daran, dass Veränderung nicht zwangsläufig mit einer Negierung von Werten einhergeht.