Wenn wir in der Taverne sind, könnte man meinen, man sei in einer dieser alten Geschichten gelandet, die von vergessenen Zeiten erzählen. Eine der bekanntesten Kompositionen des mittelalterlichen Komponisten Carl Orff, „Wenn wir in der Taverne sind“ (auf Latein: „In taberna quando sumus“), ist ein Stück des berühmten Werks „Carmina Burana“. Geschrieben im 20. Jahrhundert, als das Musik- und Kulturleben von dramatischen Änderungen geprägt war, gelingt es Orff, die Essenz und den Geist des Lebens im Mittelalter eindrucksvoll zu vertonen.
Carl Orff war ein deutscher Komponist, dessen Werke bis heute von großer Relevanz sind. Eines seiner bekanntesten Werke, die "Carmina Burana", basiert auf einer Sammlung mittelalterlicher Liedertexte. Geschrieben wurde die Sammlung im 11. und 12. Jahrhundert von wandernden Studenten und Mönchen. Diese Texte sind eine faszinierende Mischung aus Heiterkeit, Trübsinn, Satire und Feierlichkeit des Lebens – alles vereint in explosionsartigen musikalischen Ausdrücken bei Orffs Interpretation.
„In taberna quando sumus“, ein Teil der „Carmina Burana“, begeistert mit dynamischen Rhythmen und lebhaften Harmonien. Dieses Stück versetzt den Zuhörer mitten in eine lärmende mittelalterliche Taverne. Musiker nutzen dieses Stück, um die erzeugte Energie in vollen Zügen zu erleben und die Zuschauer damit mitzureißen. Es ist, als würde man mitten im prall gefüllten Gasthof stehen, umgeben von feiernden Menschen, die den gewohnten Sorgen des Alltags für einen Moment entfliehen.
Claudius Marius Victor, ein mittellateinischer Dichter, wird oft als eine Inspiration für die Sammlung der „Carmina Burana“-Texte genannt. Diese Texte sprachen eine Generation von Künstlern und Intellektuellen an, die soziale und kulturelle Normen herausforderten und das Erwachen einer neuen Ära erlebten. Orff nahm diese Inspiration und schuf eine unsterbliche musikalische Erfahrung.
Orffs Entscheidung, diese Texte im 20. Jahrhundert zu vertonen, war bemerkenswert. Das Musikleben dieser Zeit war einerseits geprägt von Innovation und andererseits von den Schatten zweier Weltkriege. Orff brachte durch seine Werke eine gewisse Beständigkeit und Freiheit in diese turbulente Epoche zurück. Sein Werk steht symbolisch für den Drang nach Ausdruck und lebendiger Kreativität, selbst in den schwierigsten Zeiten.
Für viele moderne Zuhörer bietet „In taberna quando sumus“ einen faszinierenden Blick auf eine vergangene Welt. Die Mischung aus Latein und den alten Dichtungen schafft eine Verbindung zu einer Zeit, die hunderte Jahre zurückliegt, doch trotzdem über universale menschliche Gefühle spricht. Freude, Leichtsinn, Übermut – all diese Emotionen sind in dem stürmischen Klang des Stücks eingefangen.
Doch es gibt auch Stimmen, die der Meinung sind, Orffs Werk sei überbewertet oder gar problematisch. Einige Kritiker sehen den Reiz des Oeuvres kritischer. Die Verbindung von Mittelalter zu den kriegerischen Zeiten des 20. Jahrhunderts könnte manchmal schwierig zu verarbeiten sein, vor allem aufgrund der politischen Kontexte von Orffs Zeit. Wie bei jedem bedeutenden Kunstwerk gibt es Diskussionen über seine Wirkung und Bedeutung. Das macht die Betrachtung nur umso interessanter.
Trotz aller möglichen Kritikpunkte bleibt die Anziehungskraft der „Carmina Burana“ unbestreitbar. Orffs dynamische und theatralische Kompositionen sind in der Gesellschaft tief verwurzelt. Von Filmmusiken bis hin zu verschiedenen kulturellen Veranstaltungen ist der Einfluss dieses Werks durch alle Bereiche spürbar. Es ist ein Beispiel für Musik, die weit über die Grenzen des üblichen Konzertsaals hinausgeht.
Orffs „Wenn wir in der Taverne sind“ ist ein Erlebnis, das sowohl in der musikalischen als auch in der literarischen Welt eine besondere Stellung einnimmt. Es verbindet das Alte mit dem Modernen, Traditionsreiches mit Neuerungen und Historisches mit Aktuellem. Gerade in einer sich schnell verändernden Zeit wie heute ist es wichtig, solche Werke wertzuschätzen und in ihrer Tiefe zu erkunden.
Offen für verschiedene Interpretationen und Einsichten, lädt das Stück Menschen ein, sich mit der Kunst des Mittelalters und der unvergesslichen Melodien von Orff auseinanderzusetzen. Musik ist nicht nur die Summe ihrer Noten, sondern sie transportiert Geschichten, Emotionen und das Echo vergangener Zeiten – ein Umstand, der immer wieder aufs Neue fasziniert.