Zwischen Oval Office und Filmrolle: Oliver Stones „W.”

Zwischen Oval Office und Filmrolle: Oliver Stones „W.”

Oliver Stones Film „W.” bietet eine schonungslose und faszinierende Darstellung der umstrittenen Präsidentschaft von George W. Bush, und lädt dazu ein, die Menschlichkeit hinter den politischen Entscheidungen zu erforschen.

KC Fairlight

KC Fairlight

Oliver Stone weiß, wie man eine Präsidenten-Biografie ins rechte Licht rückt, und das tut er auf seine einzigartige Art und Weise mit dem Film "W." - einem Porträt von George W. Bush. Der Film erschien erstmals 2008 und wirft einen schonungslosen Blick auf die Achterbahnkarriere des 43. Präsidenten der USA. Basierend auf der wahren Geschichte von Bushs Aufstieg von einem texanischen Außenseiter zum mächtigsten Mann der Welt, wechselt der Film zwischen den hellen und dunklen Kapiteln seines Lebens hin und her und lässt den Zuschauer zwischen Faszination und Entsetzen schwanken.

Der Film ist innerhalb eines politischen Kontexts entstanden, der die Spuren von Bushs umstrittenen Entscheidungen – wie den Irak-Krieg – noch frisch in den Köpfen der Menschen hielt. Stones Ansatz, sich ein wirklich menschliches Bild von Bush zu machen, zeigt sich in seiner filmischen Narration. Er versucht, sowohl die persönlichen als auch die politischen Herausforderungen hervorzuheben, denen sich Bush stellen musste. Doch so politisch gewagt der Film auch sein mag, er bringt auch eine menschliche Dimension ans Licht, die die Zuschauer auffordert, über den Tellerrand von Parteienschroffheiten und Vorurteilen hinauszuschauen.

„W.” zeigt George W. Bush nicht nur als den bekannten Politiker, sondern beleuchtet auch, wie seine Familiengeschichte und seine Beziehung zu seiner überaus einflussreichen Familie sein Leben geprägt haben. Besonders beeindruckend ist der Fokus auf die Beziehung zu seinem Vater, George H.W. Bush, dessen Schatten über seinem Leben und Präsidentenamt stets zu schweben scheint. Stone versucht zu zeigen, wie diese Dynamik Bushs Entscheidungen und seine Bereitschaft, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, beeinflusst hat - und das mit einer bemerkenswerten schauspielerischen Leistung von Josh Brolin. Brolin verleiht dem Präsidenten eine unaufdringliche Komplexität, die sowohl die öffentlichen Triumphe als auch die inneren Konflikte einfängt.

Aber warum „W.”? Die Wahl des Titels ist so simpel wie klug und kontrastiert mit der Komplexität der Persönlichkeit, die er porträtiert. Es ist lediglich das Initial seines zweiten Vornamens Walker, doch es symbolisiert die Vergleichbarkeit und Unverwechselbarkeit seiner Präsidentschaft. Der Film beabsichtigt nicht, ein politisches Statement über Gut und Böse zu machen, sondern stellt dem Zuschauer Fragen zur menschlichen Natur unter dem Druck der Macht - ein interessanter Ansatz, besonders für eine Generation, die in einer zunehmend polarisierten Welt lebt.

„W.” bietet die Chance, die Perspektive eines Mannes zu durchleuchten, der oft kritisiert, aber selten wirklich verstanden wurde. Er wurde als einer der polarisierendsten Präsidenten angesehen, doch Stone appelliert an die Zuschauer, mehr als nur die politischen Karten zu sehen. Es geht um die Komplexität eines charismatischen Mannes, der, ob man ihn nun mag oder nicht, die jüngere Geschichte geprägt hat.

Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der Film nicht ohne Kritik bleibt. Einige behaupten, dass Stone Bush viel zu gnädig behandelt hat, während andere meinen, dass der Film nicht tief genug in die kritischen Momente seiner Amtszeit eintaucht. Es gibt auch Fragen dazu, ob eine solche filmische Behandlung einem erst kürzlich aus dem Amt geschiedenen Präsidenten gerecht wird, und ob genug Zeit vergangen ist, um seine Errungenschaften und Misserfolge fair zu beurteilen. Das sind valide Punkte, die jede Betrachtung des Films bereichern können. Hier spiegelt sich auch ein kleines Stück der Frage wider, ob die Demokratie in einer solchen Doppelmoral gefangen ist.

Im digitalen Zeitalter sind biografische Filmanalysen wie „W.” besonders spannend. Die Darstellungen im Film bieten cineastische Einblicke, die tiefer gehen als einfache Nachrichtensegmente oder Social-Media-Postings. Für die Gen Z, die in einer Welt voller Kurzzeitaufmerksamkeiten lebt, scheint eine ausführliche narrative Erzählung fast wie ein Rückblick auf lange Gespräche bei Familienessen oder hitzige Diskussionen im Politik-Unterricht zu sein.

Auch wenn „W.” nicht den Geschmack aller trifft, bleibt er doch ein bedeutsamer Beitrag zur Popkultur und findet seinen Platz zwischen traditionellen Biopics und innovativen Darstellungen von politisch dramatischen Köpfen. Ein Film, der es schafft, eine breite Palette an Emotionen und Debatten hervorzuzaubern, bleibt in Erinnerung und soll dies auch. Für eine Generation, die von schnellen Tweet-Antworten zu intensiven Podcast-Episoden springt, bietet „W.” eine Chance, sich mit den vielschichtigen Narrativen einer kürzlich vergangenen Ära auseinanderzusetzen.