Was wäre, wenn Menschen einfach spurlos verschwinden und niemand weiß, warum? Der Film Verschwunden aus dem Jahr 2020 konfrontiert uns mit dieser schaurigen Vorstellung. Regisseurin und Drehbuchautorin Lisa Schrader bringt uns in diesem Drama dazu, über das Schicksal einer isolierten Kleinstadt zu grübeln, in der Bewohner plötzlich ohne jede Spur verschwinden. Diese mysteriösen Vorgänge spielen im beschaulichen und doch irgendwie düsteren Schwarzwald in Deutschland.
In der Geschichte von Verschwunden dreht sich alles um Alice, eine junge Frau, die verzweifelt nach ihrem aus dem Nichts verschwundenen Bruder sucht. Dabei stößt sie auf eine Mauer aus Schweigen und Furcht in ihrer Heimatstadt. Schrader zeigt in ihrem Film eine Welt, die scheinbar heile ist, in der jeder jeden kennt, aber gerade diese Vertrautheit kann in eine Art Unbehagen umschlagen, wenn ein Gemeinschaftsprotokoll in Frage gestellt wird.
Diese übernatürliche Handlung fesselt sofort das Interesse und führt zu intensivem Nachdenken. Könnten wir eines Tages genauso betroffen sein? Was bedeutet das für unsere Gemeinschaften, wenn Menschen buchstäblich im Nirgendwo verloren gehen? Generation Z, eine Gruppe, die oft als Weltbürger betrachtet wird, steht vielleicht erst am Anfang, um ihre Bindungen zu lokalen Gemeinschaften zu verfestigen oder sich ganz von ihnen zu lösen. Verschwunden regt zu Diskussionen über die Wichtigkeit, Teil einer Gemeinschaft zu sein, an, während er zugleich Vorschläge für die Möglichkeiten einer offenen, globalisierten Zukunft anstößt.
Atmosphärisch gelingt es Verschwunden, eine Stimmung des Unbehagens zu schaffen, die mit leisem Terror außerordentlich intim ist. Unterstützt von einer packenden Filmmusik und Dunkelheit, die fast lebt, zieht das Publikum unweigerlich in einen Sog von Angst und Mysterium hinein. Dabei spielt die umgebende Natur eine genauso große Rolle wie die menschlichen Darsteller; sie ist unvorhersehbar und schön, aber auch bedrohlich zugleich. Diese Dualität spiegelt die widersprüchlichen Gefühle wider, die viele aus der Generation Z teilen, wenn sie an ihre Hoffnungen und Ängste für die Zukunft denken.
Ein bedeutendes Thema, das Verschwunden aufgreift, ist das Misstrauen gegenüber Institutionen und Autoritäten, etwas, das immer mehr im Diskurs modern ist, seit das Internet als Plattform für Informationen und Teilhabe etabliert ist. Der Film zeigt, wie Alice und andere Protagonisten aufgrund der Ignoranz oder Unfähigkeit der Polizei und anderen Institutionen gezwungen sind, selbst auf Wahrheitssuche zu gehen. Für liberale Denken ist dies eine Ermutigung, eigenständig und kritisch zu denken, während es gleichzeitig an die potenziellen Gefahren erinnert, die mit einem kompletten Vertrauensverlust verbunden sind.
Beim Betrachten drängt diesem liberal gesonnenen Seherlebnis auch die Frage auf, welche verantwortungsvolle Rolle man selbst im Leben seiner Mitmenschen spielen kann. Haben wir wirklich genug Fäden zu den Menschen um uns herum gesponnen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren? Besteht die Bereitschaft, die Wahrheit zu suchen, selbst wenn die Antworten unbequem sind? Im Kern drängt Verschwunden uns, stets bewusster zu leben, egal, wie trügerisch die Normalität um uns herum scheinen mag.
Zu guter Letzt ist es wichtig, den Spannungsbogen des Films zu berücksichtigen, der nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zur Auseinandersetzung anregt. Anstatt klare Antworten zu bieten, gibt es Momente der Ambiguität, die jeden Zuschauer individuell ansprechen. Für manche mag dies ein Spiegel für die Unsicherheiten der realen Welt sein, für andere wiederum eine Einladung, über alternative und vielleicht nachhaltigere Lebenswege nachzudenken.
Im Kontext einer sich immer schneller verändernden Welt fängt Verschwunden gefährlich eindringlich die Zweifel und Hoffnungen einer Generation ein, die Veränderungen zugleich fürchtet und herbeisehnt. Ein melodramatisches Rätsel, das nicht nur darauf wartet, gelöst zu werden, sondern vielmehr die Diskussion über Freiheit, Verantwortung, Familie und die uns umgebene Ungewissheit aufrechterhält. Ein Film für all jene aus der Generation Z, deren Leben oft mit scheinbar unüberwindbaren Herausforderungen beginnt und deren Antrieb es bleibt, mehr zu lernen, zu hinterfragen und wichtige Räume offen zu halten.