Hast du jemals darüber nachgedacht, wie es ist, die Welt auf eine Weise zu sehen, die deine Perspektive erweitert, während du gleichzeitig den Herausforderungen des realen Lebens begegnest? Genau das bietet das Buch „Über den Nächsten Hügel“ von Sabine Müller, das im März 2022 erschien. Die Geschichte spielt in der malerischen, yet konfliktreichen Landschaft Norddeutschlands, wo die Protagonistin Mia daran arbeitet, ein altes Familienanwesen auf Vordermann zu bringen. Aber es geht um mehr als nur Renovierungen: es ist eine Geschichte über persönliches Wachstum, Begegnungen, die prägen, und das unablässige Verlangen, die eigenen Horizonte zu erweitern. Und warum sollte uns das interessieren? Weil es zeigt, dass der Weg, den wir gehen, häufig der Weg ist, der uns zu uns selbst führt.
Mia ist nicht einfach nur eine Figur in einem Roman. Sie verkörpert die vielen jungen Menschen, die nach etwas mehr im Leben streben, und dabei den Balanceakt zwischen persönlichen und sozialen Verantwortung suchen. In Zeiten, in denen Klimawandel und soziale Ungerechtigkeiten nicht nur abstrakte Probleme sind, sondern tägliche Realitäten, resoniert ihre Geschichte ganz besonders. Ihre Reise gleicht einer Suche nach Sinn in einer oft sinnlosen Welt, die vielen von uns bekannt vorkommt.
Der ländliche Schauplatz ist nicht nur eine Hintergrundkulisse, sondern spielt eine entscheidende Rolle in der Erzählung. In dieser idyllischen Umgebung treffen Tradition auf Moderne, und Kollaboration trifft auf Konfrontation. Mias Aufgabe, das alte Haus ihrer Großeltern zu restaurieren, ist eine Metapher für unsere heutige Herausforderung: das Alte zu ehren, während wir Platz für das Neue schaffen. Wie viele von uns stehen sie vor der Aufgabe, aus der Vergangenheit zu lernen, um die Zukunft zu formen. Ja, es gibt Konflikte – Konflikte mit ihrer Familie, mit sich selbst, und mit einer Gesellschaft, die nicht immer bereit ist, sich zu verändern.
Widerspenstige Verwandte und uneinige Dorfbewohner stellen einen Spiegel dar, in dem sich unsere gegenwärtigen Gespaltenheiten wiederfinden. Doch anstatt den Konflikt zu meiden, findet Mia einen Weg, durch die Liebe zu ihrem Zuhause und der Umwelt einen positiven Dialog zu entwickeln. Das ist eine Botschaft, die Generation Z besonders zu Herzen nehmen könnte - das Feiern von Unterschieden als Teil von Fortschritt und Verständnis.
Es ist nicht alles nur Sonnenschein und glückliche Enden. Das Buch scheut nicht davor zurück, den Schmerz und die Verluste zu schildern, die mit echtem Wandel einhergehen. Das fordert die Leser dazu auf, sich mit ihren eigenen Verlusten und der Frage auseinanderzusetzen: Was sind wir bereit aufzugeben, um eine bessere Welt aufzubauen? Indem Mia sich den Schatten der Vergangenheit stellt, gewinnt sie Klarheit darüber, was für sie zählt und für was es sich zu kämpfen lohnt.
Nicht nur die Erzählweise, sondern auch die Sprache und der Ton von „Über den Nächsten Hügel“ sind bezeichnend. Die direkte, verständliche Sprache spricht Leser verschiedener Schichten an, ohne zu bevormunden. Die Dialoge sind natürlich und regen zum Nachdenken an, ohne dass sie belehrend wirken. Und doch sind sie voller Tiefe und Emotion – etwas, das die Leser innehalten lässt und dazu auffordert, über ihre eigenen Erfahrungen nachzudenken.
Sabine Müller versteht es, mit zarter Präzision und einer Prise Humor die Brücke zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit zu schlagen. Gerade in einer Welt, wo ernste Themen oft mit Schwere behandelt werden, ist es erfrischend, eine Stimme zu finden, die Alltägliches und Bedeutendes miteinander verknüpft, ohne die Hoffnung zu verlieren. Diese Mischung macht das Buch zu einer fesselnden Lektüre, die zum Weiterlesen einlädt.
Ob Leser nun mit Mias Ansichten übereinstimmen oder nicht, eines bleibt klar: „Über den Nächsten Hügel“ ist ein Buch, das Diskussionen anregt. Es ermutigt dazu, über die eigene Komfortzone hinauszuschauen und die eigenen Hügel zu überwinden, sei es in der Nachbarschaft, mit der politischen Lage oder mit individuellen Lebensumständen. In einer Zeit, in der schnelle Slogans und verkürzte Botschaften dominieren, erinnert uns dieser Roman daran, dass Einsicht oft Zeit und viele Schritte auf einem umwegigen Pfad braucht.
Dieses Buch ist letztlich ein Aufruf zur Offenheit und zum Handeln. Es lädt dazu ein, die eigene Reise mit Unvorhersehbarem zu konfrontieren und dabei den eigenen Wertekodex zu überprüfen. Es bietet keine einfachen Antworten, aber es stellt wesentliche Fragen, die weder Kontinent noch altersspezifische Grenzen kennen. „Über den Nächsten Hügel“ ist mehr als nur eine Geschichte. Es ist ein Gedankenaustausch, an dem wir alle teilhaben sollten, egal ob man sich selbst bisher als Leser oder nicht eingestuft hat. Durch den gewählten Ansatz gelang es Müller, einen Text zu schaffen, der sowohl individuell bewegt als auch kollektive Themen berührt. Diese Symbiose aus Individualität und Gemeinschaftserfahrung macht ihn zu einer der wertvollsten Lektüren für eine Generation, die Lösungen jenseits des Offensichtlichen sucht.